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Bäker sorgt fürs Aufatmen, Saglam für das Highlight: „Ich habe keinen Druck verspürt - warum auch?!“

Lohbrügge betreibt gegen desolate Berner „Frustbewältigung Deluxe“

03. August 2019, 20:03 Uhr

Pascal Bäker (Mi.), der hier Glückwünsche von Mo Labiadh entgegennimmt, glänzte als dreifacher Torschütze für seinen VfL Lohbrügge. Foto: Bode

Die Saison 2019/20 ist gerade erst aus den Startlöchern gekommen – und schon gibt’s die ersten „Krisenherde“. Auftaktspiel in der Liga verloren und im Pokal gegen Kreisligist Hamwarde hochkant rausgeflogen: Beim VfL Lohbrügge herrschte vor dem Heimspiel gegen den TuS Berne (alle Highlights im LIVE-Ticker) bereits eine hochbrisante Stimmungslage. „Ich habe am Donnerstag im Training eine klare Ansage gemacht“, verriet Sportchef Mato Mitrovic. „Und ich glaube, jetzt haben es alle verstanden. Man kann verlieren, aber es geht immer um die Art und Weise. Und die hat mich geärgert. Das konnte ich nicht akzeptieren und deshalb bin ich auch ausgerastet“, gestand er nach der „Wiedergutmachung“ gegen den TuS Berne.

VfL-Sportchef Mato Mitrovic (2. v. re.) verfolgte das Geschehen nicht etwa von der Bank, sondern von der Tribüne aus. Foto: Bode

Dabei waren die Vorzeichen nicht die besten: Dem VfL standen nur 13 einsatzfähige Akteure zur Verfügung. Bis auf Torhüter Alen Brandic weilte die komplette „Kroatien-Fraktion“ im Urlaub. Auch Ozan Gencel oder Michael Löw fehlten dem Trainerduo Nikolic/Schneppel im Aufgebot. Es musste also auch ohne einige Leistungsträger gehen. „Und wenn nicht, dann habt ihr was zu schreiben“, hatte Sven Schneppel seinen Humor noch vor dem Anpfiff nicht verloren. Von übermäßigem Druck wollte er derweil nichts wissen. Im Gegenteil. „Ich habe keinen Druck gehabt.“ Denn: „Kein Druck kann so groß sein, wie der, den wir uns als Trainer selbst auferlegen. Das ist der höchste Druck, den man sich überhaupt machen kann. Aber ich habe keinen Druck verspürt. Warum auch?!“ Vielmehr brauchte man „einfach mal einen Brustlöser“, so Schneppel. Da kam der TuS Berne als „Aufbaugegner“ gerade recht. „Man hat ganz klar gesehen, was hier Landesliga-erfahren und was Landesliga-unerfahren war“, bilanzierte Bernes Co-Trainer Dennis Fernando, der den urlaubenden Frank Neben an der Seitenlinie vertrat, nach den 90 Minuten.

Bäker als Trainer-Retter? „Dazu sage ich nichts“

Onur Saglam (re.) - hier im Duell mit Berne-Kapitän Marco Theis - sorgte mit seinem Treffer aus der eigenen Hälfte für das Highlight. Foto: Bode

Konnten die Gäste das Geschehen im ersten Abschnitt noch recht offen gestalten, was auch daran lag, dass Lohbrügge die Unsicherheit in vielen Situationen noch deutlich anzumerken war, ergaben sich die Mannen aus dem „Berner Beu“ nach der Pause ihrem Schicksal. Doch zuvor sorgte vor allem ein Spieler der Hausherren dafür, dass auch das Trainer-Gespann einmal durchatmen konnte: Pascal Bäker. Per Doppelpack – erst nach Vorarbeit von Sandjar Ahmadi mit einem herrlichen Chip (6.), dann per Linksschuss aus 14 Metern (28.) – brachte der Angreifer ein wenig Ruhe in den Karton. Bäker als „Trainer-Retter“? „Dazu sage ich einfach nichts. Ich äußere mich nur zum Spiel“, entgegnete Schneppel – und führte dann aus: „Pascal hat – wie auch viele andere – ein gutes Spiel gezeigt. Wir haben auch an die Mannschaft appelliert, dass jeder Spieler eine Aufgabe hat. Und es ist nicht die Aufgabe eines Innenverteidigers, das Spiel zu entscheiden, sondern dafür sind in erster Linie die Stürmer und die Offensiven da. Das hat Pascal, der mit seinen Qualitäten in der Mannschaft sehr hoch angesehen ist, heute eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Aber sowas passiert, wenn eine Mannschaft gut spielt, dass es dann immer Spieler von unserer Qualität geben wird, die herausstechen. Heute war es Pascal.“

Schneppel flachst, Saglam trifft aus der eigenen Hälfte

Sorgenvoll mussten Elvis Nikolic (re.) und Sven Schneppel (2. v. li.) nur in Teilen der ersten Halbzeit drein blicken, als der Motor noch stotterte. Foto: Bode

Dem 23-Jährigen gelang nahezu alles. Und als der Gegner keine Gegenwehr mehr zeigte, war beim VfL plötzlich auch die Leichtigkeit zurück – und der Spaß. Als der leicht angeschlagene Bäker in Minute 58 signalisierte, dass es weitergeht, konterte Schneppel nur mit einem süffisanten: „Wir hätten dich eh nicht rausgenommen“, was der Angreifer mit einem Augenzwinkern quittierte. Oder aber: Nach dem zwischenzeitlichen 3:0 von Ahmadi – natürlich nach genialem Bäker-Zuspiel (50.) – und dem vierten Streich von Mohamed Labiadh, der nach einer Ecke von Mert Akkus zur Stelle war (60.), jubelte die ganze Bank über den Treffer zum 5:0 durch Matteo Adam. Der 21-Jährige, der bei voller Kaderstärke kaum zum Zug kommt, schweißte die Kugel nach einer Stafette über Bäker und Labiadh vom rechten Strafraumeck ins kurze Eck ein (77.). Zu jenem Zeitpunkt war Adam gerade mal zehn Minuten auf dem Feld. Dass es urplötzlich wieder lief, verdeutlichte auch die 83. Spielminute, als Onur Saglam für den absoluten Höhepunkt der Begegnung sorgte, als er nach einer Balleroberung aus der eigenen Hälfte über Berne-Fänger Jan Mehlhorn hinweg das halbe Dutzend vollmachte – ein Wahnsinns-Treffer, der auf und abseits des Platzes für ausgelassene Stimmung sorgte! Den Schlusspunkt setzte derweil der beste Mann auf dem Feld: Pascal Bäker spitzelte eine Akkus-Hereingabe zum 7:0-Endstand ins Eckige.

„Wer diesen Weg nicht mitgeht, der ist hier falsch“

Onur Saglam (2. v. li.) hatte nach seinem Traumtor und dem Kantersieg gut lachen. Foto: Bode

„Wir haben an der Mannschaft nie gezweifelt und wussten, wenn uns mal ein, zwei Törchen gelingen und der Stein ins Rollen kommt, dann ist das wie ein Domino-Effekt“, erklärte Schneppel nach dem Befreiungsschlag – und kündigte an: „Wir werden weiter seriös arbeiten. Dann werden wir schon ins Rollen kommen. Da sind wir Trainer sehr zuversichtlich – die Mannschaft auch.“ Selbst Sportchef Mitrovic war nach dem Auftritt wieder besänftigt: „Die Mannschaft hat nach den Gesprächen die richtige Antwort gegeben. Am Dienstag habe ich gekotzt, heute freue ich mich. Ich denke, dass alle verstanden haben, worum es geht. Und wer diesen Weg, der von uns erwartet wird, nicht mitgeht, der ist hier falsch.“

Autor: Dennis Kormanjos