Oberliga

Bohlen bringt’s - Vicky kassiert „völlig absurde Gegentore“!

04. Februar 2023, 12:18 Uhr

Die Gäste bejubeln das zwischenzeitliche 3:2 durch Marius Mohr (2. v. li.), der nach einer Ecke per Kopf zur Stelle war. Foto: Christian Küch

„Was für ein vogelwildes Spiel!“ Joshua Krause musste seine Gedanken erst einmal sortieren, ehe der neue Cheftrainer des SC Victoria Hamburg festhielt: „Wenn man zu Hause gegen Cordi drei Tore schießt, muss man eigentlich etwas mitnehmen. Das haben wir nicht geschafft.“ Heißt: „Das war nicht gut genug von uns“, fiel das Fazit äußerst ernüchternd aus (alle Highlights im LIVE-Ticker). „Wir können alle Fußball spielen und wissen auch, wie das Spiel funktioniert - aber wir kriegen es einfach noch nicht hin, resolut, leidenschaftlich und aggressiv über 90 Minuten gegen den Ball zu spielen. Das hat uns in vielen Situationen das Genick gebrochen.“

Ian-Prescott Claus (mi.) trumpfte gegen seinen Ex-Club nicht nur als doppelter Torschütze auf. Foto: Christian Küch

Während die Ernüchterung an der Hoheluft nach der herben Niederlage riesengroß war, setzte Concordia Hamburg seinen Lauf fort. Den Lauf unter „Interims-Cheftrainer“ Thomas Bohlen, der den gesperrten Chefcoach Stefan Gehrke zum zweiten Mal vertrat und den zweiten Sieg einfuhr. „Von daher bin ich jetzt doppelt raus, weil Thomas andauernd gewinnt“, scherzte Gehrke, der das Spiel gemeinsam mit Cordis Videoanalysten in der ersten Reihe auf der Tribüne verfolgte, im Anschluss an die turbulenten 90 Minuten. Unterm Tribünendach sag Gehrke „einen guten Vortrag“ seiner Jungs.

"Du fragst dich: Was passiert hier gerade?!"

Allerdings hätte Cordi auch schon früh in Rückstand geraten können. „Nach einer Ecke haben wir die erste große Chance, wo es klingeln muss. Aus der Aktion schlägt Cordi das Ding lang“, und das Unheil aus Krauses Sicht nahm seinen Lauf, weil Hendrik Rabe beim Versuch, das Leder aus der Gefahrenzone zu befördern das Spielgerät nicht voll traf und Arbes Tahirsylaj die Kugel aus gut und gerne 45 Metern in die verwaisten Maschen jagte (5.)! Und nur wenige Augenblicke später sorgte ein weiterer ganz einfacher Ballverlust dafür, dass Ian-Prescott Claus mit einem Pass tief geschickt wurde und mit dem Außenrist auf 0:2 aus Vicky-Sicht stellte (7.)! „Du guckst dich an und fragst dich: Was passiert hier gerade?!“, konnte es Krause kaum glauben. „Cordi hatte zwei Aktionen, ansonsten waren wir im Spiel“, haderte der SCV-Coach, konstatierte aber auch: „Die Jungs haben sich nicht aufgegeben und auf 2:2 gestellt. Mit Spielzügen, wie wir sie haben wollen.“

"Wir sind dran und voll drin - und dann..."

Dennis Bergmann (re.) - hier im Duell mit Leon Mundhenk - egalisierte die 2:0-Führung der Gäste per Doppelpack. Foto: Christian Küch

Erst verwertete Dennis Bergmann einen tollen Steckpass von Vincent Boock zum Anschluss (9.), ehe eben jener Bergmann eine tolle Stafette über Nick Scharkowski und Luca Palzer mit dem 2:2 und eine furiose Anfangsphase krönte (21.)! Aber: Cordi schlug zurück.Ecke Claus, Kopfball Marius Mohr - drin (28.)! „Das haben wir am ersten Pfosten nicht gut verteidigt“, schimpfte Krause, dessen Mannen kurz nach der Pause abermals Moral zeigten und zum Ausgleich kamen. Dieses Mal war es ein ruhender Ball von Timo Stegmann, der nur unzureichend geklärt werden konnte. Scharkowski sagte „Danke“ - 3:3 (54.)! „Wir sind dran und voll drin - und kriegen dann völlig absurde Gegentore“, brachte es Krause auf den Punkt.

"Jetzt sind wir wieder dran und auf Tuchfühlung"

Muhamed Ajruli (Mi.) machte mit seinem Treffer zum 5:3 den Deckel drauf und besiegelte den Auswärtssieg seiner Concorden an der Hoheluft. Foto: Christian Küch

Zunächst durfte Leon Mundhenk ungehindert über rechts durchmarschieren und sich durchwurschteln, dann spitzelte Muhamed Ajruli die Kugel zu Claus, der trocken in den Knick schweißte (58.)! Immer dann, wenn Vicky zurückschlug, hatte Cordi postwendend eine Antwort parat. Auch, weil die Hausherren in der Tat haarsträubend verteidigten. So auch beim entscheidenden fünften Streich der Gäste, als Ajruli die Situation selbst einleitete und nach einem cleveren Querpass von Claus selbst vollstreckte - 3:5 (67.)! Ein irres Spiel, in dem „Victoria auch noch zwei Tore mehr machen kann, wir aber auch“, sprach Gehrke auf weitere vergebene Großchancen an.

Aber: „Jetzt sind wir zumindest mal wieder dran und auf Tuchfühlung. Für den Moment ist das super. Aber: Ausruhen gibt es nicht“, zieht der Cordi-Coach die Zügel weiter an. Während Thomas Bohlen bilanzierte: „Wir wussten, dass es ein intensives Spiel wird, dass wir 90 Minuten dagegen halten müssen - und dass derjenige das Spiel gewinnen wird, der den größeren Siegeswillen hat. Den hatten eindeutig wir. Dass es aber so ein verrücktes Spiel wird, das war nicht geplant“, dürften Bohlen einige neue graue Haare dazugekommen sein. „Für die Zuschauer war es sicherlich attraktiv, aber für mich als Verantwortlicher ein auf und ab der Gefühle. Die taktischen Gedankenspiele und Ansprachen änderten sich ja fast im Minutentakt.“ Dennoch sei es „am Ende ein völlig verdienter Sieg“ gewesen, „der auch noch deutlicher hätte ausfallen müssen.“

"Jede Mannschaft wird genau das zu spüren bekommen"

Thomas Bohlen schrie sich "90 Minuten lang die Kehle aus dem Leib", wie er selbst sagte - und feierte den zweiten Sieg als Gehrke-Vertreter. Foto: Christian Küch

Er sei „echt stolz auf das Team, dass es so einen großen Willen auf dem Platz hatte. Den werden wir auch jetzt im Pokal am Dienstag in Süderelbe brauchen.“ Dass er als hauptverantwortlicher Chef beide Spiele unter seiner Regie gewonnen habe, „war das Ziel des ganzen Teams und da das Spiel am Ende immer nur das Resultat der vorherigen gemeinsamen Arbeit ist, hat jeder gleich viel Anteil an den Erfolgen. Der Unterschied war nur, dass ich mir jetzt zwei Spiele lang die Kehle aus dem Leib schreien musste“, witzelte er. Aber: „An den Abläufen haben wir ja nichts geändert.“

Apropos Abläufe: „Wir müssen dringend an uns arbeiten und die Tugenden sowie Basics reinbekommen“, forderte Krause von seinen Mannen, „mutig zu sein, den Ball haben zu wollen sowie griffig und giftig zu sein“. Der SCV-Übungsleiter macht keinen Hehl daraus, dass es „ein absoluter Fehlstart“ sei, ist sich aber sicher: „Jede Mannschaft, die uns in den kommenden Wochen begegnen wird, wird genau das zu spüren bekommen.“

Autor: Dennis Kormanjos