„Das macht natürlich doppelt und dreifach Spaß, wenn man die sonst nur vor der Glotze sieht“

Ein „sehr positiver Auftritt“: Curslack bekommt vom HSV „nur“ ein halbes Dutzend

09. November 2017, 20:50 Uhr

Curslacks Mittelfeldakteur Stjepan Radic (Mi.) nimmt es gleich mit zwei Widersachern auf. In diesem Fall Luca Waldschmidt (li.) und Gideon Jung. Foto: Damm

„Wir hatten uns gesagt: Wir versuchen, nicht zweistellig zu verlieren und ein Tor zu erzielen. Letzteres ist uns leider nicht gelungen, aber insgesamt war es ein sehr positiver Auftritt. Wir haben uns als Mannschaft und als Verein sehr gut präsentiert“, zog Torsten Henke ein äußerst zufriedenstellendes Fazit – nachdem sich seine „Deichkicker“ im Testspiel beim HSV sehr achtbar aus der Affäre zogen. Am Ende unterlag man dem Bundesligisten und VfB Stuttgart-Bezwinger „nur“ mit 0:6. „Insgesamt war das sehr positiv und ein Erlebnis für uns alle – vor allem für die jungen Spieler natürlich. Und auch vom Resultat ist das absolut im Rahmen“, so Henke.

Lange war HSV-Angreifer Sven Schipplock (re.) bei der SVCN-Abwehr um Sebastian Spiewak gut aufgehoben. Foto: Damm

„Ich?“, staunte Marvin Schalitz ganz verdutzt und schaute einen nach dem kurzen Auslaufen beim Verlassen des Trainingsplatzes am Volksparkstadion mit großen Augen an. „Bester Mann?“, wiederholte er die Frage ganz ungläubig, ehe er anfügte: „Wir haben als Mannschaft gut gespielt und es hat Spaß gemacht“, so der Abwehrhüne des SV Curslack-Neuengamme, der nicht wenige direkte Duelle gegen die Offensivreihe des Bundesligisten für sich entschied. Insbesondere HSV-Angreifer Sven Schipplock prallte ein ums andere Mal am Defensivrecken ab. „Ist das wirklich so?“, entgegnete Schalitz wiederum ganz erstaunt, als die Nachfrage kam, ob die Zweikampfstatistik gegen den HSV-Angreifer zu seinen Gunsten ausgefallen wäre. Sonderlich viele direkte Duelle verlor der Oberliga-Verteidiger gegen den Bundesliga-Stürmer jedenfalls nicht. „Vor dem Spiel hab ich mir eigentlich gar keine Gedanken darüber gemacht, wer da auf dem Platz steht. Ich dachte eigentlich, dass es viel mehr aus der Zweiten Mannschaft sein werden. Umso überraschter war ich, dass ganz viele aus der ersten Elf gespielt haben. Da macht es natürlich doppelt und dreifach Spaß, wenn man die sonst nur im Stadion oder vor der Glotze sieht, und jetzt mal mit denen auf dem Platz steht.“

"Ich hab nach dem Spiel nicht nach einem Trikot gefragt"

Babuschkin-Ersatz Leon Giese (li.) mit vollem Risiko gegen Schipplock. Foto: Damm

So standen bei den „Rothosen“ mit Dennis Diekmeier, Douglas Santos und Tatsuya Ito drei Akteure in der Startelf, die auch beim 3:1-Sieg über den VfB Stuttgart am vergangenen Samstag begannen. Zudem gehörten etablierte Kräfte wie André Hahn, Gideon Jung, Luca Waldschmidt, Walace oder auch Sven Schipplock im ersten Glied, das von Torhüter Tom Mickel, Stephan Ambrosius (U21) und Tobias Knost (U19) vervollständigt wurde. „Die spielen einen guten und einfachen Fußball, wo wir manchmal vielleicht ein, zwei Gedanken hinterher sind. Aber vor allem an der Athletik hat man gesehen, dass es nochmal was ganz anderes ist, wenn man am Tag zwei- oder sogar dreimal trainiert. Da kommt man dann irgendwann auch nicht mehr hinterher“, so Schalitz, der ergänzte: „Wenn dann in der 70. Minute ein Ito mal anzieht, und du selber gegen die eigentlich keine 70 Minuten durchhalten kannst, dann wird’s schon irgendwann schwer.“ Für den 21-Jährigen war es „nicht unbedingt etwas Besonderes, weil ich St. Pauli-Fan bin, gegen die zu spielen – sondern es war etwas Besonderes, weil es Profis sind. Das ist nochmal ein ganz anderes Niveau als das, was wir sonst spielen.“ Als Sympathisant der Kiezkicker hielt sich Schalitz an eine ganz einfache Faustregel: „Ich hab nach dem Spiel nicht nach einem Trikot gefragt“, schmunzelte er. „Ich habe jetzt nicht unbedingt einen Hass gegen den HSV, mich interessiert die Mannschaft nur einfach nicht.“

Giese-Debüt geglückt - "Klar ist er aufgeregt gewesen"

Dennis Diekmeier (re.) - hier gegen Adrian Sousa - bereitete drei Treffer direkt vor. Foto: Damm

Vielmehr interessierte ihn das, was auf dem Platz passierte – und da schien es in den ersten Minuten zu einer klaren Angelegenheit zu werden. „Am Anfang hatten wir vielleicht noch ein bisschen zu viel Respekt“, erkannte Henke, dessen Elf nach acht Zeigerumdrehungen bereits mit 0:2 ins Hintertreffen geriet. Erst traf Waldschmidt nach Hahn-Vorarbeit ins leere Tor (3.), dann erhöhte Ito nach einer kurz ausgeführten Ecke mit einer Bogenlampe von links in den rechten Giebel (8.). Bei jenem Treffer sah Leon Giese nicht allzu glücklich aus. Die eigentliche Nummer zwei des SVCN durfte schon mal für den Ernstfall proben. Denn Stammkeeper Gianluca Babuschkin fällt mit einer Schulterverletzung bis Jahresende aus. „Klar ist er aufgeregt gewesen, aber insgesamt hat er das wirklich sehr gut gemacht“, lobte Henke seinen jungen Schlussmann, der vor der Pause nur noch einmal hinter sich greifen musste, als Diekmeier den freistehenden Waldschmidt in Szene setzte (38.). Beinahe wäre aber auch dem Oberligisten ein Torerfolg geglückt: Collins Folarin setzte auf der linken Seite zu einem fulminanten Solosprint an und entwischte Ambrosius – aber Mickel blieb letztendlich Sieger (12.).

"Wenn man untereinander negativ wird, wird man richtig abgeschossen"

Den Schuss von André Hahn (li.) konnte Marvin Schalitz (re.) blocken und posierte anschließend in "Hulk-Manier". Foto: Damm

Nach dem Wechsel durfte zunächst Schipplock, der im ersten Abschnitt sehr unglücklich wirkte, den Ball zweimal über die Linie bugsieren (56., 68.). Beide Male wurde er von Diekmeier mustergültig bedient. Den Schlusspunkt setzte U19-Spieler Marco Drawz, der nach Kombination über Waldschmidt und Hahn keine Mühe mehr hatte – 6:0 (89.). Aber auch im zweiten Durchgang hatte der krasse „Underdog“ eine Halbchance, als der inzwischen eingewechselte Adrian Sousa zunächst Knost und dann Ambrosius abschüttelte. Beim Versuch, den Ball auch noch an Julian Pollersbeck vorbei zulegen, wurde der Oberliga-Torjäger jedoch ausgebremst (50.). „Wir hätten natürlich sehr gerne ein Tor geschossen – das war auch eines unserer Ziele“, verriet Henke hinterher. „Aber trotzdem war das sehr ordentlich. Nach dem frühen Doppelschlag haben wir das bis zur 60. Minute sehr gut gemacht. Ganz wichtig war, dass wir als Mannschaft zusammen gearbeitet haben und dass einer für den anderen da war. Wir wussten, dass wir ein paar Gegentore bekommen werden. Wichtig ist dann nur, dass man einfach weitermacht und nicht irgendwann aufhört.“ Währenddessen stimmte Schalitz seinem Trainer in einem Punkt nicht zu: „Dass es nicht zweistellig wird, war ‚Henkos‘ Ziel. Mein Ziel war es, so gut wie möglich dagegen zu halten. Es wäre natürlich eine geile Sache gewesen, wenn man hier nur ganz knapp verliert. Aber so viele Gedanken macht man sich im Vorfeld eigentlich gar nicht. Man muss einfach immer weiter spielen. Wenn man untereinander irgendwann negativ wird, dann wird man hier richtig abgeschossen. Das hat man ja auch schon bei anderen Oberligisten gesehen, die dann wirklich zweistellig verlieren. Aber es war in Ordnung. Ein 0:6 ist durchaus ein gutes Ergebnis gegen einen Bundesligisten“, so der Anhänger des Lokal-Nachbarn abschließend.


Autor: Dennis Kormanjos

Fotogalerie