Dassendorf wankt, fällt aber nicht! Spitzenspiel mit Spitzen-Intensität und einem Knackpunkt...

"Ein Punkt ist manchmal zu wenig, drei zu viel – und null Punkte sind super ätzend"

21. Oktober 2017, 18:42 Uhr

Der Dassendorfer Führungstreffer: Aus nahezu unmöglichem Winkel - fast von der rechten Grundlinie - trifft Lennart Müller (re.) per Kopf durch die Hosenträger von Niendorf-Keeper Marcel Kindler. Foto: KBS-Picture

„Aus meiner Sicht das Beste, was bisher hier war“, lobhudelte Dassendorf-Sportchef Jan Schönteich den Niendorfer TSV auf der PK nach dem Topduell. Und Schönteich muss es wissen – schließlich hatte der Meister unter anderem schon den SC Victoria und auch Teutonia 05 bei sich zu Gast. Nichtsdestotrotz: „Die Niendorfer Mannschaft, so wie sie sich aktuell präsentiert, hat relativ wenig mit der aus der letzten Saison zu tun. Man merkt, dass da ganz viel Selbstvertrauen vorhanden ist. Es wird immer versucht, Fußball zu spielen – und das qualitativ hervorragend. Es war für uns ein ganz harter Gang“, schloss sich TuS-Coach Thomas Hoffmann voller Anerkennung den Worten seines Sportchefs an. Längst vergessen war jene Szene in der 55. Spielminute, als es vor der Dassendorfer Bank zwischen beiden Lagern richtig zur Sache ging…

Nico Kukuk (li.) hatte freistehend die Riesenchance zur Führung für Niendorf, scheiterte aber am glänzend aufgelegten Chris Gruhne. Foto: KBS-Picture

„Der gehaltene Elfmeter war der Knackpunkt“, stellte Hoffmann unumwunden fest. Nicht nur, weil es offenbar der Wachrüttler für seine Mannen war, sondern auch, weil Schiedsrichter Murat Yilmaz (FC Türkiye), der über die gesamte Spielzeit jegliche Linie vermissen ließ und keinen glücklichen Auftritt an den Tag legte, in jener Situation schlichtweg keine glückliche Figur abgab. Zur Entstehung: In einer Kontersituation spielte Malte Wilhelm auf links Magnus Hartwig frei. Dieser entwischte Amando Aust, zog nach innen – und wurde dann von Jeremy Karikari, der ganz eindeutig letzter Mann war, zu Fall gebracht. „Der Elfmeter war eindeutig gerechtfertigt“, so NTSV-Coach Ali Farhadi. Während sein Gegenüber meinte: „Aus meiner Sicht war es kein Elfer, weil der Niendorfer Spieler sogar noch zum Schiedsrichter hin ist und sagte, es war zwar ein Foul, aber nicht im Sechzehner.“ Wie dem auch sei. Yilmaz zeigte auf den Punkt, vergaß aber offenbar jegliche Art von Bestrafung für Karikari. „Es hätte Freistoß geben müssen, aber ehrlicherweise auch etwas anderes und zwar eine persönliche Bestrafung für unseren Spieler, der ja nun ganz deutlich letzter Mann war“, gestand „Hoffi“. Farhadi gab sich hinterher sportlich überaus fair und sagte: „Klar diskutieren dann 1000 Leute, ob Rot, Gelb, Grün – oder was weiß ich für eine Karte. Am Ende hat der Schiedsrichter so entschieden, wollte keine Karte geben – und es ist auch in Ordnung.“

"Wir haben, was Elfmeter angeht, einfach keine Qualität im Kader!"

Viele heiße Duelle wie hier zwischen Dassendorfs Amando Aust (ob.) und Malte Wilhelm. Foto: KBS-Picture

Niendorf-Kapitän Adam Benn lief an und scheiterte mit seinem halbhoch getretenen Versuch am herausragend aufgelegten Christian Gruhne im Dassendorfer Tor (51.)! „Wir haben, was Elfmeter angeht, einfach keine Qualität im Kader. Das muss man so sehen. ‚Özy‘ Kocadal, unser Mann für die Elfmeter, ist nicht mehr da. Und Adam hat als Kapitän die Verantwortung übernommen. Der war sicherlich nicht schlecht geschossen, aber mit Sicherheit auch richtig gut gehalten“, erklärte Farhadi, dessen Elf – nach bis dato stärker Vorstellung – praktisch im Gegenzug auf die Verliererstraße geriet. Eigentlich ist Sven Möller am Wendelweg der Mann für die Standards. Da der „Blondschopf“ aber nach 112 (!) Spielen am Stück seine erste Partie aufgrund einer Gelbsperre verpasste, nahm sich Marcel von Walsleben-Schied der Sache an. So auch in Minute 53, als der Torjäger den Ball von links lang auf den zweiten Pfosten schlug. Dort stieg Möller-Ersatz Lennart Müller in die zweite Etage und übertölpelte den in dieser Szene nicht gut aussehenden Marcel Kindler mit einem Kopfball aus fast unmöglichem Winkel durch die Hosenträger – 1:0! Auf der einen Seite die Führung verpasst, auf der anderen eiskalt zugeschlagen.

Dass es bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Tore am Wendelweg zu bestaunen gab, lag nicht zuletzt an „Elferkiller“ Gruhne, der gleich zu Beginn des Spiels, als sein Team mächtig schwamm, nach einem Querschläger von Finn-Lasse Thomas im Eins-gegen-Eins glänzend gegen Nico Kukuk parierte (9.). „Da können wir uns bei Chris bedanken“, konstatierte auch Hoffmann, der anschließend zugab: „Wir haben in einigen Szenen Glück gehabt. Aber was wir in den ersten 15 Minuten gespielt haben, das haben wir in dieser Saison von unserer Mannschaft so auch noch nicht gesehen.“ Dem unangefochtenen Primus merkte man das Fehlen von Schaltzentrale Sven Möller deutlich an. Doch nach dem Führungstreffer sei „ein Ruck durch die Mannschaft gegangen“, wie Hoffmann befand. „Danach war es ein Spiel auf Augenhöhe.“ Eine Begegnung, die nun auch reichlich Emotionen zu bieten hatte. Als von Walsleben-Schied auf Höhe der eigenen Bank von hinten in Necati Agdan reinrauschte, kam es zu einem großen Tumult – auch die Ersatzspieler beider Teams mischten kräftig mit. Dassendorfs Goalgetter war mit der Gelben Karte gut bedient, während Agdan, der am Boden liegend nachtrat, gänzlich ohne Verwarnung davonkam. Genauso hatte Magnus Hartwig wenig später Glück, als er – bereits gelbverwarnt – von hinten Joe Warmbier zu Boden beförderte. Erneut zeigte Yilmaz keine Karte.

"Das Ergebnis hätte definitiv auch anders aussehen können"

Setzte seinen Torlauf der letzten Wochen fort: Lennart Müller. Foto: KBS-Picture

Fußball wurde aber auch noch gespielt – und das auf hohem Niveau. Zweimal verpasste der bärenstarke Rinik Carolus die mögliche Vorentscheidung (60., 63.), ehe der mal wieder richtig gut aufgelegte Fynn Huneke im allerletzten Moment gegen Maximilian Dittrich zur Stelle war (78.). Doch dann leitete „Dasse“-Keeper Gruhne das 2:0 mit einem langen Abschlag selbst ein. Der kurz zuvor eingewechselte Kristof Kurczynski verlängerte in den Lauf von Dittrich, dessen Querpass von Walsleben-Schied ins Glück bugsierte (83.)! „Das Gegentor macht mich richtig sauer, weil wir da mit sechs Mann im Strafraum stehen und keiner aktiv eingreift, sondern nur begleitet“, bemängelte Farhadi das Defensivverhalten. Doch noch war nicht aller Tage Abend. Denn Niendorf steckte nicht auf. „Joker“ Hunu Jeong steckte für Ante-Akira Kutschke durch – und der vollendete staubtrocken aus neun Metern ins linke Toreck. Nur noch 1:2 aus NTSV-Sicht (87.)! Und beinahe wären die „Sachsenwegler“ tatsächlich noch zum Ausgleich gekommen, weil Dassendorf mal so etwas wie ein kleines Zeichen der Schwäche zeigte. Aber Lennard Speck zirkelte einen Freistoß aus 18 Metern in der Nachspielzeit am langen Pfosten vorbei – und so sorgte Maximilian Dittrich mit dem 3:1 für die Entscheidung, als er nach einem Handspiel von Tim Philipp Krüger – im Gegensatz zu Adam Benn – ganz cool und abgezockt blieb und die Kugel in die Mitte des Tores drosch (90. +2)!

„Ein Punkt ist manchmal zu wenig, drei zu viel – und null Punkte sind einfach super ätzend! Wir hatten die Chancen, haben die Tore aber nicht gemacht und am Ende ist Dassendorf der verdiente Sieger“, bilanzierte Farhadi. Während Hoffmann abschließend zu Protokoll gab: „Es ist ja auch für uns mal schön, wenn sich ein Gegner nicht mit elf Mann am eigenen Fünf-Meter-Raum einigelt, sondern auch richtig mitspielt und das auch noch extrem gut. Wir hatten einfach das Spielglück, im richtigen Moment die Tore zu machen. Ansonsten hätte das Ergebnis definitiv auch anders aussehen können.“

Autor: Dennis Kormanjos

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