(Dunkle) Erinnerungslücke: Zur Tabellenführung gibt’s einen „hinter die Niere“

Türkiye stürmt den Exerzierplatz - Capa rettet Wilhelmsburgern „den Arsch“

18. August 2018, 00:54 Uhr

Fotocollage: Christian Küch

„Ich habe so ein bisschen vergessen, was zwischen 19:30 Uhr und 21:15 Uhr war“, witzelte Michael Fischer gegen 21:25 Uhr – also unmittelbar nach dem Abpfiff. „Ich kann mich nur ganz dunkel daran erinnern, dass wir 2:1 gewonnen haben und Tabellenführer sind“, fügte der Übungsleiter des FC Türkiye nach dem hart erkämpften Erfolg bei TuRa Harksheide an. Und „Fischi“ wusste auch schon genau, wie er den Sieg und den Sprung auf den Thron feiern wird: „Ich fahre jetzt nach Hause, knalle mir eine Flasche Amaretto mit Apfelsaft hinter die Niere – und dann gucke ich morgen mal, ob alles noch so ist, wie es heute war.“

Dass sein Team den Exerzierplatz als Sieger verlassen hat, lag vor allem an der beeindruckend starken Anfangsphase. „Wir haben das System komplett verändert und ich glaube, TuRa damit auch so ein bisschen überrascht“, so Fischers Einschätzung. Zudem verriet er: „Wir wollten den Bereich zwischen Strafraum und Außenlinie auf beiden Seiten nur zum Jubeln betreten. Sonst wollten wir da gar nicht hin, sondern uns nur über Konter, lange Bälle und das Spiel durch die Mitte Chancen erspielen. Das haben wir in der ersten halben Stunde super klasse gemacht.“ Und: Den „verbotenen Bereich“ betrat seine Elf in der ersten Viertelstunde bereits zweimal – natürlich nur zum Jubeln. Erst brachte Mümin Mus die Wilhelmsburger auf die Siegerstraße (7.), dann legte Boris Shtarbev nach (14.)! Doch der Mann der Anfangsminuten war eindeutig Hasan Capa.

Der Keeper des Oberliga-Absteigers parierte kurz nach dem Führungstreffer einen Foulelfmeter (Fischer: „Der war für mich mehr als grenzwertig“) von Sören Ostermann, der selbst zu Fall gebracht wurde (9.), und bereitete dann mit einem langen Abschlag das 2:0 von Shtarbev direkt vor. „Gegen Paloma ist er noch runter geputzt worden, dass er nicht mal Kreisliga-tauglich ist. Heute rettet er uns mit den Arsch!“, lobte Fischer seinen reaktivierten Schlussmann, der in der zweiten Halbzeit deutlich mehr zu tun bekommen sollte. Spätestens nachdem Jan-Philip Hartmann kurz nach Wiederanpfiff den Anschluss herstellte (49.), meldete sich TuRa im Spiel an. Der Torschütze hätte in der Folge für noch größere Freudensprünge bei seinen Teamkollegen sorgen können, vergab aber ein mögliches 2:2. „Insgesamt aufgrund des Drucks von TuRa in der zweiten Halbzeit wäre hier ein Punkt für die Heimmannschaft mit Sicherheit verdient gewesen“, befand selbst Fischer. „Wir haben am Ende um den Ausgleich gebettelt und hatten in der zweiten Halbzeit ein Stück weit den Papst in der Tasche. Aber wir haben jetzt auch nicht solche Chancen zugelassen, wo Capa die Parade seines Lebens auspacken musste. Trotzdem ist die Gefahr immer da, dass mal irgendwas durchrutscht.“

Harksheide-Coach Jörg Schwarzer bilanzierte zutreffend: „Die Niederlage haben wir uns ein Stück weit selbst zuzuschreiben. Wenn du nur eine Halbzeit Fußball spielst, dann langt es eben nicht. Vor allem, wenn du zwei ganz doofe Fehler machst, die so früh zu Gegentoren führen.“ Und weiter: „Wir hatten ein Durchschnittsalter von 21, hinten in der Kette von 20 Jahren. Da passieren solche Fehler, damit müssen wir nun mal leben.“ Fakt sei, dass man „in der ersten Halbzeit zu viele Fehler gemacht“ habe, „gerade in den ersten 15 Minuten – und dann waren wir am Ende auch nicht unbedingt vom Glück beseelt, um einen Punkt mitzunehmen“, so Schwarzer, der abschließend erklärte: „Heute haben wir Lehrgeld gezeigt. Aber wir haben gesehen, dass der Abstand zu Türkiye, was die fußballerische Komponente betrifft, nicht allzu groß ist.“ Währenddessen machte sich „Fischi“ auf den Heimweg, wo sein ganz spezielles Mischgetränk „für die Niere“ bereits wartete. „Wer Marzipan mag, wird das Getränk lieben.“ Vor allem nach so einem Abend mit drei Punkten und der Tabellenführung im Gepäck.

Autor: Dennis Kormanjos