Norderstedt serviert Gillich die Pokal-Sensation auf dem Silbertablett
Titzes Traum lebt weiter: Pokalsieg und Bundesligist zu Gast
TSV-Doppel-Torschütze Arne Gillich (li.) spitzelt Deran Toksöz (re.) das Leder vom Fuß. Der Regionalligist ist raus! Foto: KBS-Picture.de!
„Genau so haben wir uns das vorgenommen. Der Trainer hat vor dem Spiel gesagt: Einmal massierte Defensive, kompakt stehen, und dann Torchancen nutzen.“ Kapitän Alexander Gege gab nach dem Viertelfinaleinzug die Taktik seiner Mannen preis, ohnehin war diese aber von Minute eins an zu erkennen. Hinten rum ließ man den Regionalligisten gewähren, kam dann aber der Pass ins Mittelfeld, spritzte man sofort dazwischen und versuchte zu kontern. Erstaunlich oft unterliefen den Norderstedtern dabei schlampige Abspielfehler, die dem TSV Raum gewährten. Diesen wussten sie jedoch nicht zu nutzen, denn im Rückwärtsgang zeigte sich die Eintracht wesentlich konzentrierter als nach vorne. EN-Coach Seeliger zeigte sich vom gemächlichen Spiel seiner Jungs wenig angetan, vehement forderte er sie dazu auf, den Ball direkt in die Spitze zu transportieren, wo der baumlange Morike Sako wartete. Zwar wurde Norderstedt nach einiger Zeit dominanter, Sako funktionieret als Zielspieler jedoch bis zu seiner Auswechslung nicht.
Für Gege eine Leistung der gesamten Defensive: „Sako ist vorne drin natürlich eine Waffe. Ich habe oft gegen ihn gespielt. Das ist unfassbar schwer, weil er einen Körper aus Stahl hat. Aber wir sind gut hinter den Ball gekommen und haben bei den zweiten Bällen wenig zugelassen. Das war das Erfolgsrezept.“ Auch bei den Ecken konnte der lange Franzose keine Gefahr ausstrahlen, lediglich Heinemann hatte einmal die Führung auf dem Kopf, setzte den Ball jedoch freistehend vorbei (39.). Der größter Aufreger der ersten Halbzeit fand am anderen Ende statt: Eine Flanke blickte Lindener im Strafraum mit dem Ellenbogen. Die lautstarken Reklamationen stießen bei Schiedsrichter Timm jedoch auf taube Ohren. Eine mehr als glückliche Entscheidung für die Gäste.
Jonas' Abstauber sät Hoffnung in Buchholz
Auch die Masse und die Wucht von Ex-Profi Morike Sako (li.) konnte die Norderstedter Pleite nicht verhindern. Sören Titze (re.) steht dem "Hühnen" auf den Füßen. Foto: KBS-Picture.de!
In der zweiten Halbzeit bot sich den Zuschauern über lange Zeit ein ähnliches Bild. Mit einer Ausnahme: Nach einem Standard tauchte Fischer vor Höcker auf, sein Schuss aus der Drehung wehrte dieser noch mit dem Bein ab. Für den Abstauber stand jedoch Niklas Jonas bereit, der keine Probleme mehr hatte (52.) – 1:0 für den Aussenseiter, Hoffnung in der Otto-Koch-Kampfbahn! Das rüttelte die Norderstedter wach, ihr Anlaufen wurde nun energischer. Dazu nahm Seeliger eine taktische Veränderung vor, brachte für den wirkungslosen Sako den wendigeren Pablo Kunter (64.). Zwar gelang es ihnen nun, zumeist über die rechte Seite, den Ball in den Strafraum zu befördern, dort waren aber ein ums andere Mal Bowmann und Gege zur Stelle.
In diese Phase der immer dominanter werdenden Norderstedter fiel dann aus heiterem Himmel das 2:0. Einen harmlos springenden Ball versuchte Koch etwas ambitioniert aus dem Mittelfeld zu seinem Schlussmann zurück zu köpfen. Der Rückpass misslang jedoch völlig, wurde stattdessen zu einer perfekten Vorlage für Gillich, der auf und davon war. Er schob abgezockt in die rechte Ecke ein und ließ die Hoffnung der 620 Zuschauer in Ekstase umschlagen. Ehe Norderstedt sich versah, brachte Gillich das Fass sogar zum Überlaufen. Erneut passierte der EN-Abwehr, diesmal in Person von Aniteye, ein völliger Blackout. Von Gillich bedrängt schaffte sein versuchter Rückpass nur wenige Meter. Dieser bedankte sich zum Zweiten und erzielte so die Vorentscheidung. „Besser können sie mir nicht in den Fuß spielen“, freute sich der Matchwinner nach dem Spiel und brachte auf dem Punkt, was den Unterschied ausgemacht hatte: „Ein Standard und zwei grobe Fehler von Norderstedt und wir sind dreimal eiskalt geblieben.“
Norderstedter Aufbäumen kommt zu spät
Zwar fiel noch der Anschlusstreffer von Linus Meyer (87.), da Aniteyes Kopfball wenig später jedoch hauchzart über die Querlatte rauschte, verkam das Tor zur Randnotiz. Zu spät entwickelten die Norderstedter wirkliche Torgefahr gegen aufopferungsvoll kämpfende Buchholzer, die eine defensive Spitzenleistung ablieferten. Kurz darauf erlöste der Abpfiff auch die ängstlichsten unter den Buchholz-Fans und machte den Weg frei ausgelassene Jubelszenen. „Wir sind füreinander gelaufen, haben gekämpft, den Rasen umgepflügt. Das war geil, und deswegen haben wir heute gewonnen“, fasste Kapitän Gege die Emotionen der Buchholzer zusammen.
Damit bleibt der Traum von Thomas Titze, der nach 23 Jahren im Sommer seinen Hut nehmen wird, am Leben. Der verriet zudem eine interessante Vertragsklausel: „Es wäre natürlich super, wenn mit meiner Mannschaft zum Abschied noch einmal das Finale erreichen könnten. Ich habe das auch in meinem Vertrag drin, dass ich dann das erste Pokalspiel machen darf. Also wenn wir das Ding gewinnen sollten und es käme ein Bundesligist: Ich glaube, ich dürfte dabei sein.“ Aber, so weiß auch Titze: „Leider ist es ja so, dass man mit so einem Spiel noch nicht den Pokal gewonnen hat. Ich muss die Jungs vor dem nächsten Spiel wieder runterholen. Vielleicht haben wir ja dann auch mal ein wenig mehr Losglück.“ Heute aber werde erst noch einmal kräftig gefeiert.
Die Bilder zur Pokal-Sensation präsentiert KBS-Picture.de!