Regionalliga Nord

„Es ist sicherlich nicht unverdient, dass der HSV das Spiel gewinnt - aber eigentlich darf er das gar nicht mehr gewinnen!“

05. Februar 2023, 20:17 Uhr

Pingdwinde Beleme (li.) bejubelt seinen dritten Treffer zum 3:2-Sieg in der 96. (!) Minute. Foto: KBS-Picture.de

Wenn man mit der vermeintlich letzten Aktion des Spiels das 2:2 erzielt, „dann muss es ein Punkt sein“, betonte Olufemi Smith. Stattdessen erlebten seine Norderstedter ein ganz bitteres, fast schon tragisches Déjà-vu. Der Eintracht-Coach erinnerte „an eine in dieser Saison fast identische Situation“, als seine Elf gegen Phönix Lübeck in der Nachspielzeit den 2:2-Ausgleich markierte und im Freudentaumel nur wenige Augenblicke später den Gegner noch einmal einlud und den endgültigen Knockout kassierte (2:3). „Dass uns das zweimal in einer Saison passiert, das geht nicht - da müssen wir cleverer sein und aus solchen Situationen lernen! Es ist Wahnsinn, dass uns das nochmal passiert“, schimpfte Smith nach der Last-Second-2:3-Schlappe bei der U21 des HSV (alle Highlights im LIVE-Ticker).

Valon Zumberi (li.) - hier im Duell mit Tjark Hildebrandt - erlebte einen sehr ereignisreichen Samstag. Foto: KBS-Picture.de

Aber nicht nur der FC Eintracht Norderstedt erlebte ein regelrechtes Wechselbad der Gefühle, auch Valon Zumberi machte einen durchaus ereignisreichen Tag durch: Training mit den Profis, Einsatz bei der U21, den Freistoß, der zum 2:2 durch Manuel Brendel führte (90. +4), verursacht - und mit der wirklich allerletzten Aktion der Partie den entscheidenden Steilpass auf Pingdwinde Beleme gespielt, der mit Hilfe des Innenpfostens für kollektiven Rothosen-Jubel sorgte (90. +6)! „Das gehört für einen jungen Spieler, der sich entwickeln soll, dazu. Wenn man mal einen Fehler macht, dass man dann sein Herz nochmal in beide Hände nimmt. Das hat er getan - und uns damit geholfen, das Spiel zu gewinnen“, sprach Pit Reimers seinem Defensivakteur ein „Kompliment“ aus.

"Hatten einen Goalgetter, der eiskalt vor dem Tor geblieben ist"

Pingwinde Beleme (2. v. li.) wird von seinen Teamkollegen nach dem Ausgleichstreffer zum 1:1 geherzt. Foto: KBS-Picture.de

Nicht minder groß dürfte das Lob für Stürmer Beleme ausgefallen sein. Erst egalisierte er die Norderstedter Führung durch Cemal Sezer, der keine 30 Sekunden nach seiner Hereinnahme eine Vorarbeit von Jonas Behounek krönte (46.), nach einem Bock der Gäste in der Hintermannschaft per Kopf (62.). Dann beförderte Beleme das Spielgerät trocken zum 2:1 ins lange Eck (73.), ehe er seinen Hattrick mit dem Schlusspfiff perfekt machte! 


„Wir haben einen Tiefschlag bekommen. Aber was schon die ganze Saison über für die Jungs spricht, ist die Tatsache, dass sie sich von Rückschlägen nicht umwerfen lassen, sondern ganz im Gegenteil. Egal wie klein die Chance ist, sie glauben noch an den kleinsten ‚Pfitzel‘ und sind immer in der Lage, noch einen Angriff zu fahren.“ Dazu kam, dass man „einen Goalgetter“ hatte, „der heute eiskalt vor dem Tor geblieben ist“ strahlte Reimers.

"Kein unverdienter Sieg für den HSV"

Die Rothosen am Boden, Norderstedt im Feierrausch nach dem späten Torerfolg durch Manuel Brendel zum 2:2 in der vierten Minute Nachspielzeit. Foto: KBS-Picture.de

„Ich denke, unterm Strich ist der Sieg hochverdient - auch wenn es am Ende durch die letzten Minuten nochmal ‚Extra-Drama‘ gab. Aber ich bin zufrieden mit der Leistung und jetzt freuen wir uns riesig, mit einem Erfolgserlebnis ins neue Jahr gestartet zu sein“, konnte der Coach der „Rothöschen“ nach einer Vielzahl an vergebenen Chancen in der ersten Halbzeit - entweder war es das eigene Unvermögen oder ein bärenstarker Eintracht-Keeper Lars Huxsohl - schlussendlich doch noch jubeln. „Wir hätten da schon in Führung gehen müssen“, befürchtete Reimers bereits, dass sich der Wucher noch rächen könnte.

Und der Gast aus Garstedt bog auch direkt nach Wiederanpfiff auf die Siegerstraße ab, konnte die Führung aber nicht ins Ziel bringen. „Heute waren wir zu fehlerhaft. Deshalb ist das Spiel so gelaufen. Letztendlich ist das natürlich super ärgerlich, dass du dir mit der letzten Aktion den Genickschuss abholen musst. Aber wenn man das ganze Spiel sieht, dann muss man sagen, dass das kein unverdienter Sieg für den HSV ist. Sie waren schon in der ersten Halbzeit die torgefährlichere Mannschaft. Da konnten wir uns bei unserem Torhüter bedanken, dass wir mit einem 0:0 in die Pause gegangen sind“, gestand Smith, dessen Equipe „mit dem ersten sehr guten Angriff“ das Spiel auf den Kopf stellte. „Das sollte der Mannschaft etwas Sicherheit und Auftrieb geben.“

"Das ist ein Jugendfehler - so naiv darf man nicht sein"

Aber mit der letzten Aktion des Spiels sorgte Beleme (re.) mit seinem dritten Streich für den 3:2-Sieg seiner "Rothöschen". Foto: KBS-Picture.de

Stattdessen sorgte ein individueller Fehler (Smith: „Den Ball dürfen wir so niemals zum Torhüter zurückspielen!“) für den Ausgleich, ehe man beim 1:2 aus Eintracht-Sicht „in der Zweikampfführung nicht konsequent genug“ war. „Dass der Stürmer zwei Pressschläge haben und den Ball dann noch ins Tor befördern darf - das ist nicht gut verteidigt.“ Und so fiel das Fazit von Smith sehr ernüchternd aus: „Es ist sicherlich nicht unverdient, dass der HSV das Spiel am Ende gewinnt - aber eigentlich darf er das gar nicht mehr gewinnen!“ Das, was seinen Garstedtern nun schon zum wiederholten Male wiederfahren ist, „darf einer Herren-Mannschaft nicht passieren. Das ist ein Jugendfehler, so naiv darf man nicht sein. Da müssen wir wacher, cleverer und präsenter im Kopf sein“, so Smith abschließend.

Autor: Dennis Kormanjos

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