ETV geht im Derby mit „Friedensnobelpreis verdächtigem Zweikampfverhalten“ unter

Josipovic: „Bei unserer Entwicklung war mir klar, dass wir etwas holen können"

11. November 2017, 00:11 Uhr

So eine hohe Niederlage zeigte die Anzeigentafel schon lange nicht mehr am „Loki" an. Foto: Mathias Merk

Ein Derby, das es in sich hatte, lieferten sich die Teams des Eimsbütteler TV und der Eintracht aus Lokstedt. Schon früh standen die Zeichen gut für den ETV, der aber in den Anfangsminuten die klarste Chance vergab - unter anderem wurde ein Strafstoß nicht verwandelt. Als dann auch noch Offensivspieler Julien Usko, Mitte der ersten Halbzeit, verletzt ausgewechselt werden musste, war „der Knackpunkt“ aus Sicht von ETV-Trainer Thorsten Beyer erreicht. Seine Mannschaft agierte anschließend unsicher und unkonzentriert. Dies führte am Ende des Abends dazu, dass die Auswärtsfans einen „Heimsieg“ feierten, da die Lokstedter die meiste Zeit über das Geschehen dominierten, auch wenn es teilweise jede Menge Hilfe vom Gegner gab.

Das Team von Eintracht Lokstedt schwor sich auf das Derby ein, was wohl geholfen hat. Foto: Mathias Merk

Direkt nachdem Schiedsrichter Tobias Nawo das Spiel nach 92 gespielten Minuten abpfiff, waren freudige Zuschauerrufe zu vernehmen: „Heimsieg, Heimsieg“, hallte es über den „Loki“. Doch dabei waren es nicht die Anhänger des gastgebenden ETV, die ihre gute Laune damit zum Ausdruck brachten, sondern die der Eintracht aus Lokstedt. Denn gerade eben hatte ihr Team „auswärts“ den amtierenden Herbstmeister der Bezirksliga Nord mit 4:1 bezwungen, was für die Fans Grund genug war, mit besagten Rufen klar zu machen, wer in ihren Augen die Nummer eins in diesem Stadtteil ist. Denn beide Vereine trennen gerade mal 1,6 km. Eintracht-Trainer Anto Josipovic: „Wir sind hier in Lokstedt und unsere Plätze sind so nah beieinander, dass wir einen Ball zu uns rüberschießen könnten. Deshalb die Rufe unserer Zuschauer. Wir haben keinen Einfluss darauf, wie sie sich äußern, aber als ihre Mannschaft nehmen wir das dann so auf.“

Beyer: „Der Knackpunkt in unserem Spiel war die Verletzung von Julien Usko“

Starker Regen zu Beginn machte das Spiel gefährlich. Julien Usko wurde dadurch verletzt. Foto: Mathias Merk

Und tatsächlich, wenn man sich den gesamten Spielverlauf anschaut, kam nach einer ordentlichen Anfangsphase des ETV der Eindruck auf, dass es für die Elf von Thorsten Beyer in diesem Derby nicht wirklich einen Heimvorteil gab. „Bis zur 20. Minute haben wir ordentlich gespielt und wenig zugelassen. Wir hätten früh in Führung gehen müssen, sind es aber nicht“, so Beyer, der damit den zugesprochenen Elfmeter für seine Kicker meinte, den Mazlum Oruk in der vierten Minute allerdings vergab, als er bei der Ausführung des Strafstoßes an Eintrachts Schlussmannn Jan Giesecke scheiterte, der den Ball unten rechts, aus Sicht des Torwarts, mit einer starken Parade rausfischte. ETV-Coach Beyer weiter: „Der Knackpunkt in unserem Spiel war dann die Verletzung von Julien Usko, der nach einem harten Foul im Vorwärtsgang mit einer Knöchelverletzung ausgewechselt werden musste.“ Für Usko kam anschließend in der 24. Minute Markus Appiagyei, der jedoch auch nicht verhindern konnte, was im restlichen Verlauf geschah. Die Gäste stellten, nachdem sie anfangs eine defensive Ausrichtung an den Tag legten, um und fingen das frühe Gegenpressen an. Josipovic: „Unser Matchplan war eben der, das wir die erste Zeit hinten drin stehen wollten, um zu überraschen. Denn die Gegner beobachten uns im Vorfeld und wissen, dass wir eigentlich früh vorne draufgehen. Darum haben wir zunächst den Gegner kommen lassen. Das hat aber nicht gut funktioniert und deshalb haben wir ab Mitte der ersten Hälfte wieder auf Angriff umgestellt.“

Und plötzlich agierten hauptsächlich nur noch die Mannen der Eintracht, was schon bald zum ersten Treffer für das Auswärtsteam führte. „Bei diesem Gegentor fing unser Friedensnobelpreis verdächtiges Zweikampfverhalten an. Denn der Stürmer konnte durch drei, vier Mann durchmarschieren, ohne wirklich angegriffen zu werden.“ Damit meinte Thorsten Beyer den Lokstedter Offensivakteur Mario Beslic, der einen feinen Pass in den Lauf bekam und dann fast schon unbedrängt in den Strafraum marschierte, bis er schließlich aus elf Metern halblinker Position gefühlvoll in den rechten Winkel zum 1:0 für seine Eintracht traf (34.). Kurz vor dem Pausenpfiff erhöhte dann Luis Gleich sogar noch auf 2:0, als er einen Querpass in der ETV-Abwehrreihe von Samuel Olayisoye erlief und zentral aus 16 Metern einen Hammer auspackte, sodass die Kugel im linken Winkel einschlug (45.+1).

Josipovic: „Das Team zeigt eine hervorragende Entwicklung“

Die Freude über die vier Tore und den Sieg beim Herbstmeister war bei Eintrachts Mannen riesig. Foto: Mathias Merk

ETV-Trainer Thorsten Beyer zog zum Wiederanpfiff seine letzten Register, indem schon zu diesem Zeitpunkt sein Wechselkontingent ausschöpfte. Für Alper Bas kam Pascal Pantelmann und für Samuel Olayisoye brachte der Coach Konrad Ladendorf. Sein Team kam mit lauten Motivationsrufen und spürbar starkem Willen wieder auf den Platz, doch die Unkonzentriertheit hielt weiter an. Es spielte auch im zweiten Durchlauf zunächst nur die Truppe von Eintracht Lokstedt. Einzig Jon Pauli sorgte hin und wieder für Gefahr vor dem gegnerischen Strafraum, biss sich dann aber immer wieder an der Defensive fest. Was den Hausherren verwehrt blieb, machte das Auswärtsteam besser. Denn in der 58. Minute sorgte Mario Beslic mit seinem zweiten Treffer für die sehr komfortable 3:0-Führung seiner Farben, nachdem zunächst Levent Gürcan aus spitzem Winkel an Keeper Nick Motzke scheiterte und der Torjäger daraufhin den Abstauber nutzte.

Die Messe schien gelesen und die Motivation der Beyer-Elf verflogen zu sein, denn schon bald darauf klingelte es das vierte Mal im ETV-Kasten. Der ebenfalls zur Halbzeit eingewechselte Tamino Kunter, kam für den gelb-rot gefährdeten Alexander Gäde, behauptete sich an der rechten Seitenlinie, bis er schließlich den Ball so scharf vor das Gehäuse brachte, dass die Rettungstat von Janek Buggeln misslang, sodass der Rechtsverteidiger den Ball über die eigene Torlinie zum 0:4 bugsierte (63.). „Diese negative Entwicklung zeichnet sich jetzt schon seit Wochen ab und wir schaffen es nicht, dagegen zu steuern. Ich habe den Eindruck, dass sämtliche Warnzeichen übersehen oder auch nicht gehört beziehungsweise verstanden wurden“, kritisierte der sichtlich niedergeschlagene Beyer nach dem Spiel. Da half auch das Traumtor von Jon Pauli zum 1:4 in der 70. Minuten nichts. Es war lediglich eine Ergebniskorrektur, als er nach einem von Oruk aufgelegten Freistoß aus 24 Metern abzog und den Ball mit einem Gewaltschuss sehr sehenswert in den linken Winkel drosch. „Wir haben es dem Gegner einfach zu leicht gemacht. Zu früh wurde die Spannung verloren. Wir kommen derzeit nicht mehr an das spielerische Niveau von Anfang der Saison heran. Das ist momentan ein Prozess, den die Mannschaft jetzt auch mal für sich betreiben soll. Bis zur Winterpause ist es noch lange hin.“ Sein Gegenüber, Trainer Josipovic, konnte sich hingegen zurecht freuen. „Das Team zeigt eine hervorragende Entwicklung. Deshalb war mir klar, dass wir auch gegen so einen guten Gegner etwas holen können. Wäre der Elfmeter zu Beginn des Spiels reingegangen, hätte die Partie ganz anders ausgesehen. Aber ab der 20. Minute haben wir das Spiel beherrscht und waren die klar dominierende Mannschaft.“ Was den Angriff auf die Tabellenspitze angeht, zollte Josipovic jedoch weiterhin dem ETV eine Menge Respekt: „Wir planen nicht, dass wir Meister werden. Wir wollen dennoch natürlich jedes Spiel gewinnen. Trotzdem denke ich, dass ETV sich den Titel am Ende holt. Denn sie sind stabil und sie werden das auf jeden Fall schaffen.“

Alles Höhepunkte auf einen Blick im LIVE-Ticker.

Autor: Mathias Merk