Großkopf platzt der Kragen: „Das hat mit Oberliga-Fußball nichts zu tun!“

HEBC erst stark, dann eklatant - Wachgerüttelte „Raubvögel“ trotzen dem Druck

14. Oktober 2018, 19:34 Uhr

Freude und Jubel nach dem vorentscheidenden 2:0: Gökhan Iscan (re.) wird von Matthias Cholevas geherzt. Foto: Hanno Bode

Für gewöhnlich hat ein Fußballspiel zwei Halbzeiten a 45 Minuten. Da bildete auch das Duell zwischen dem SC Condor und dem HEBC keine Ausnahme. Wenngleich die beiden Spielhälften am Berner Heerweg kaum unterschiedlicher hätten verlaufen können (alle Highlights im LIVE-Ticker zum Nachlesen). Letzten Endes war der Unterschied zwischen dem ersten und dem zweiten Durchgang so eklatant, dass HEBC-Coach Jörn Großkopf die Hutschnur platzte: „Die eine Halbzeit war ordentlich, die andere eine absolute Katastrophe!“ Doch das war erst der Anfang. Nicht der Beginn des Spiels, sondern der Start von Großkopfs Wutrede…

Kris Laban (li.) - hier gegen Chris Flick - zeigte erneut eine starke Leistung im Dress des SCC. Foto: Hanno Bode

„Was in der zweiten Halbzeit passiert und in den Köpfen der Spieler vorgegangen ist, ist mir ein absolutes Rätsel. Das hat mit Oberliga-Fußball nichts zu tun! Keine Zweikampfführung, kein Pass zum Mitspieler, kein Aufbäumen: Da darf sich in der nächsten Woche kein einziger von den Spielern, die heute gespielt haben, wundern, wenn er ohne Erklärung nicht spielt. Das habe ich der Mannschaft auch so gesagt. Denn mit der Art und Weise holst du in der Oberliga keinen einzigen Punkt mehr!“ Auf die Frage, wie er sich den Leistungsabfall erklärt, entgegnete Großkopf: „Das habe ich die Mannschaft auch gefragt…“ Und weiter: „Spieler haben Dinge gemacht, die sich so nicht kenne. So darf man einfach nicht auftreten – das ist auch nicht ‚HEBC-like‘. Das ist nicht die Mentalität, die diesen Club ausmacht. Da müssen sich einige fragen, ob sie vielleicht auch in der Woche ein bisschen zu wenig gemacht haben. Denn das war schon am Donnerstag nach dem Training ein Thema. Und darüber muss gesprochen werden.“

„Die ersten 25 Minuten waren nicht ansatzweise das, was wir uns vorgestellt haben“

Tarif Dikenli (2. v. li.) sorgte nach Vorarbeit von Özgür Bulut (re.) für die 1:0-Führung. Foto: Hanno Bode

Genauso muss aber auch über die erste Spielhälfte gesprochen werden. Dort nämlich hätte die Partie eine ganz andere Wendung nehmen können. „Wir müssen nach zehn Minuten 2:0 führen. Größere Chancen wirst du in keinem Spiel bekommen!“, befand Großkopf, der auf die Chancen von Janek Bundt und Stefan Hermes ansprach. Beide Male lud Ken Niederstadt die Eimsbütteler förmlich ein. Doch Bundt scheiterte freistehend kläglich an Leo Hebbeler (6.), ehe Niederstadt seinen Fauxpas wieder gutmachte und Hermes‘ Schuss von der Linie kratzte (11.). „Wenn du hier 2:0 führst, dann wird es für den Gegner schwer, nochmal zurückzukommen – denn Condor strotzte auch nicht gerade vor Selbstbewusstsein“, so Großkopf, dessen Gegenüber ebenfalls klare Worte fand: „Die ersten 20, 25 Minuten waren nicht ansatzweise das, was wir uns vorgestellt haben. Da waren wir überhaupt nicht auf dem Platz, vom Kopf her und mental gar nicht präsent und haben den Gegner zu 100-prozentigen Torchancen eingeladen, wo wir von Glück sagen können, dass er das heute nicht bestrafen konnte“, so Olufemi Smith. Der Übungsleiter des SC Condor versuchte in der Pause, sein Team wachzurütteln. Offenbar mit Erfolg.

„Cassian hat die Mannschaft sehr energisch mitgerissen“

Gerieten aneinander: Melvin Bonewald (li.) und Chris Flick. Foto: Hanno Bode

„Ich habe den Jungs gesagt, dass es so mit dieser Einstellung definitiv nicht funktionieren kann, wir mit der Art und Weise des Auftretens überhaupt nicht einverstanden sind, und dass wir genau da ansetzen müssen, was der Gegner uns vorgemacht hat – nämlich die läuferische Präsenz, diese Aggressivität und Wachheit in den Zweikämpfen“, verriet Smith – und fügte an: „Was dann passiert ist, da muss ich meiner Mannschaft ein Kompliment machen.“ Aggressivität und Präsent waren da – auch ein „Leader“ auf dem Platz: „Cassian Klammer muss ich da deutlich hervorheben. Er hat die Mannschaft sehr energisch mitgerissen – so wie man das von einem Führungsspieler erwartet.“ Hinzu kommt die Tatsache, dass „die Torfolge auch dementsprechend glücklich war“, so Smith, dessen Schützlinge mit dem ersten Angriff des zweiten Durchgangs in Führung gingen, als Özgür Bulut nach einem Diagonalball von Incheol Choi gegen Kevin Höricke leichtes Spiel hatte und Tarik Dikenli aus dem Rückraum ins kurze Eck vollstreckte (47.). Spätestens nachdem der von Smith gelobhudelte Klammer, der Felix Hackstein ganz alt aussehen ließ, das 2:0 von Gökhan Iscan vorbereitete, war der Widerstand der „Veilchen“ gebrochen.

„Siege gegen Meiendorf und HEBC waren alternativlos“

Niedergeschlagen nach dem Schlusspfiff: Auch der reaktivierte Stefan Hermes konnte die Pleite nicht verhindern. Foto: Hanno Bode

Den Schlusspunkt setzte der kurz zuvor eingewechselte Damian Ilic, als dieser Jefferson Nosa stehen ließ, einen Doppelpass mit Dikenli spielte – und dann mit Hilfe des Innenpfostens eiskalt zum Endstand einschoss (90.). Diesmal wurden die Eimsbütteler nach einem eigenen Eckball ausgekontert. „Die Mannschaft konnte sich mit der Ansage in der Halbzeit und dem Erfolgserlebnis direkt nach Wiederanpfiff so ein bisschen befreien von dem Druck, den sie sich selbst gemacht hat, wir aber auch von außen gemacht haben“, befand Smith – und präzisierte: „Wir haben gesagt, dass wir die Spiele gegen Meiendorf und HEBC unbedingt gewinnen wollen und Siege in den beiden Partien eigentlich alternativlos sind. Diese Aufgaben hat die Mannschaft mit Bravour gelöst. Davor ziehe ich den Hut.“ Der Start einer Siegesserie der Farmsener? „Zwei sind eine Serie – auch wenn es noch nicht für eine ganze Staffel reicht“, scherzte Smith. Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden…

Autor: Dennis Kormanjos