„Immer, wenn einer der Spieler Lust hatte, wurde es brandgefährlich“

Auch dank „himmlischer Hilfe“ – „Kiezkickerchen“ betreiben Frustbewältigung

13. September 2018, 11:19 Uhr

Auch Profi-Leihgabe Luis "Engel" Coordes (re.) trug sich in die Torschützenliste ein. Foto: Kormanjos

Zwei Siege hatte die U23 des FC St. Pauli vor dem Aufeinandertreffen mit dem SSV Jeddeloh im bisherigen Saisonverlauf gefeiert. Beide Male mit dem knappsten aller Ergebnisse – und beide Male hieß der Siegtorschütze Jan-Marc Schneider. Die Profi-Leihgabe gehörte gegen Jeddeloh (alle Highlights im LIVE-Ticker zum Nachlesen) nicht zum Aufgebot der bis dato „torarmen Kiezkickerchen“. Einzig Luis Angel Coordes war als „Hilfe von oben dabei“, so Trainer Joachim Philipkowski, der deshalb umso glücklicher über den Auftritt seiner „Boys in Brown“ war: „Mich freut es für die Mannschaft – vor allem für die Offensivabteilung.“

„Gegen Egestorf haben wir auch nichts zugelassen“, blickte Philipkowski zu Beginn der PK nach dem deutlichen 4:0-Erfolg über Jeddeloh zunächst auf die 0:1-Pleite aus der Vorwoche zurück. „Aber Egestorf hat körperbetonter gespielt und wir haben nicht dagegengehalten. Heute haben die Jungs eine gute Reaktion gezeigt – auch von der Körpersprache her.“ Ganz im Gegensatz zum Kontrahenten. „Wir haben in der ersten Halbzeit alles vermissen lassen, was wir uns vorgenommen haben – gerade was die Körpersprache angeht. Es ist schwierig, gegen zweite Mannschaften ohne Körperkontakt zu spielen. Wenn sie das merken, sind sie so gut ausgebildet, dass es sehr brutal ist, einen Weg zu finden, keine Gegentore zu fangen“, so SSV-Chefcoach Key Riebau, der zudem die „völlig unnötigen Gegentore“ kritisierte, denen „keine Absicherung und keine Kommunikation“ vorausgingen.

"Himmlische Hilfe": Auch "Engel" Coordes trifft

Ein Tor, zwei Vorlagen: Robin Meißner erwischte einen starken Tag. Foto: KBS-Picture.de

Hinzu kamen eklatante individuelle Fehler. Vor dem sankt paulianischen Führungstreffer durch Dario Kovacic, der einen Angriff über Profi-Leihgabe Clemens Schoppenhauer und Robin Meißner vollendete (14.), semmelte Fabian Burdenski über den Ball. Beim 2:0 für die Hausherren wehrte SSV-Keeper Marco Maaß einen Kovacic-Schuss nach vorne ab. Den Abpraller angelte sich Coordes, der keine Mühe mehr hatte und den Torerfolg gebührend mit einem Flickflack zelebrierte (24.). „Man hat gesehen, dass die Jungs von der ersten Minute an gewinnen wollten“, erkannte Philipkowski, dessen Schützlinge einen echten Blitzstart in den zweiten Durchgang erwischten und keine 30 Sekunden nach Wiederanpfiff den dritten Treffer nachlegten. Wieder verteilten die Gäste – in Person von Niklas von Aschwege – ein ordentliches Gastgeschenk, das Meißner dankend annahm (46.). „Das frühe Tor spielte uns natürlich in die Karten“, konstatierte Philipkowski. Nur 240 Sekunden darauf musste der gerade eingewechselte Bastian Schaffer nach einem üblen Sturz und lautem Schrei, der durchs ganze Stadion zu hören war, wieder raus. „Ich hoffe, dass er keinen Kreuzbandriss oder sonstiges Schlimmes davon getragen hat“, so Riebau. Den Hoffnungen schließen wir uns nahtlos an. Zumal die Personaldecke ohnehin angespannt war. „Es ist natürlich bitter für uns, dass unsere drei etatmäßigen Stürmer – zwei berufs-, einer krankheitsbedingt – nicht dabei waren.“

"Wir haben alles vermissen lassen, was wir gegen Werder II gezeigt haben"

Profi-Leihgabe Luis Angel (englisch für "Engel") Coordes leistete "himmlische Hilfe". Foto: KBS-Picture.de

Und so bekamen die Gäste noch einen weiteren Nackenschlag verpasst, weil der eingewechselte U19-Akteur Niclas Nadj seine Gegenspieler reihenweise düpierte und Meißner mit seiner scharfen Hereingabe den einschussbereiten Seung-Won Lee fand – 4:0 (83.)! „Wenn man 4:0 gewinnt, ist man natürlich hochzufrieden. Wir haben auch in der Höhe verdient gewonnen“, bilanzierte Philipkowski – und fügte an: „Bis auf Luis Coordes hatten wir in der Offensive keinen Spieler von oben dabei. Unsere eigenen Jungs haben das sehr gut gemacht. Dieses Selbstvertrauen müssen wir mitnehmen.“ Sein Gegenüber gab zu Protokoll: „Ein ganz klar verdienter Sieg.“ Und weiter: „Der Gegner hat in der zweiten Halbzeit ein, zwei Gänge runtergeschaltet. Immer, wenn einer der Spieler Lust hatte, ein bisschen schnell nach vorne zu spielen, wurde es wieder brandgefährlich. Die Kritik, die ich der Mannschaft machen muss, ist ganz einfach, dass wir alles haben vermissen lassen, was wir gegen Werder II gezeigt haben. Das ist natürlich sehr schmerzhaft – auch die Höhe der Niederlage.“

Autor: Dennis Kormanjos