Oberliga 01

„Kein Tiki-Taka“, sondern purer Kampf: Hamm-Triumph bei Meiendorfer Unterzahl-Krampf

13. November 2021, 17:59 Uhr

In der zweiten Halbzeit zeigte Eliakim Kukanda (li.) - hier im Duell mit Meiendorfs Haci Gündogan - viel von seiner letztjährigen Klasse. Foto: Heiden

Unmittelbar nach Wiederanpfiff platzte Sidnei Marschall der Kragen: „Ey, was ist das?!“, schimpfte der Coach der „Geächteten“ – und forderte von seinen Mannen, endlich „Fußball zu spielen“. Gar nicht so leicht nach einmonatiger Spiel- und Zwangspause – und dazu noch auf dem Kartoffelacker an der Meiendorfer Straße. Dennoch: Das fußballerische Niveau an der B75 ließ nicht nur zu wünschen übrig, sondern war schlichtweg über ganz weite Strecken gar nicht vorhanden (alle Highlights im LIVE-Ticker). 

Hamm-Coach Sidnei Marschall (re.) gibt seinem heute wirkungslosen Stürmer Bazier Sharifi taktische Anweisungen. Foto: Heiden

„Ich habe es schon vor dem Spiel gesagt: Obwohl ich Brasilianer bin und immer Fußball spielen möchte, war heute einzig und allein wichtig, dass wir drei Punkte holen. Tiki-Taka wäre auf dem Rasenplatz die falsche Methode gewesen“, verriet Marschall im Nachgang, dass er von seinem HUFC „eine kämpferisch gute Leistung“ sehen wollte. „Das haben wir einigermaßen geschafft.“ Einigermaßen deshalb, weil man „das ganze Spiel über gemerkt“ habe, „dass wir vier Wochen lang gefühlt gar nichts mehr gemacht haben – auch kaum trainieren konnten“, erklärte Marschall, der mit seinem Team den einen oder anderen Corona-Rückschlag hinnehmen musste. „Das waren echt schwierige Zeiten“, machte der Übungsleiter keinen Hehl daraus.

Ahmed Ak sieht zweimal Gelb binnen 60 Sekunden

Arnold Hoeling (li.) - im Kampf um die Kugel mit Elia Kukanda - musste zur Halbzeit in der Kabine bleiben. Foto: Heiden

Ein weiterer Grund, weshalb „Sid“ nur bedingt zufrieden war: „Wir hätten es in Überzahl deutlich besser ausspielen müssen.“ Was Marschall damit genau meinte? Binnen 60 Sekunden sah Meiendorfs Ahmed Ak unmittelbar vor der Pause wegen zweier Foulspiele die Ampelkarte. Eine harte, aber vertretbare Entscheidung von Referee Daniel Gawron (TuS Osdorf). Bis zu diesem Zeitpunkt überboten sich beide Mannschaften in Sachen Unzulänglichkeiten. Die größte Chance vergab Hamms Rodrigo Baroni, der nach einer Kopfballablage von Abraham Yeboah Boateng plötzlich frei vor Sulejman Hoxha auftauchte, aber am rechten Pfosten vorbeischoss (13.). Die größte Gelegenheit der Hausherren: Ein Versuch aus ganz spitzem Winkel von Haci Gündogan ans Außennetz – ungefährlich (42.).

Kukanda eröffnet, Patrin krönt fulminantes Solo

Schiri Gawron (re.) zeigt Ahmed Ak (3. v. li.) binnen 60 Sekunden zweimal Gelb - macht in der Summe die Ampelkarte. Foto: Heiden

Nachdem Marschall zu Beginn des zweiten Abschnitts kurz die Hutschnur platzte, erwies sich diese ungewollte Maßnahme als entscheidender und nötiger Weckruf für seine Mannen. Baroni und der unglücklich agierende Bazier Sharifi (54.) verpassten noch die Führung, die der nun immer stärker werdende Eliakim Kukanda wenig später aus elf Metern besorgte (63.). Die Meiendorfer Spieler echauffieren sich über den vorangegangenen Pfiff, der zum Strafstoß führte, als Josiah Basoah eigentlich völlig unnötig am linken Strafraumeck den mit dem Rücken zum Tor stehenden Enis Ay ins Wanken brachte (62.).

Nicht nur Ay wurde von Marschall nach der Pause ins Rennen geworfen, auch Dimitri Patrin durfte eine gute Viertelstunde vor Ultimo mitmischen - und dankte es seinem Trainer mit einem fulminanten Solo. Noch in der eigenen Hälfte startend, düpierte "Dimi" halb Meiendorf und blieb dann auch noch im Abschluss vor Hoxha eiskalt wie eine Hundeschnauze (84.)! Vorangegangene Meiendorfer Chancen auf den Ausgleich? Fehlanzeige! Einmal verpasste Moustapha Toure eine Gündogan-Hereingabe knapp (78.).

Meiendorfer Slapstick

Bezeichnend war aber jene Aktion, die sich in Minute 68 abspielte: Nach einer eigentlich gut vorgetragenen Kombination über Gündogan und Toure tauchte Evailton Fernandes urplötzlich völlig blank vor David Jendrzej auf. Statt im Eins-gegen-Eins direkt abzuschließen, bediente er Atef Zakerwal, der das komplett verwaiste Gehäuse vor sich hatte, das Leder aber aus vier Metern über den Querbalken setzte. Unglaublich eigentlich – aber Glück für Zakerwal, dass die Fahne des Assistenten ohnehin oben war und der Treffer nicht gezählt hätte. Apropos: Hätte Fernandes mal selbst abgedrückt…

Yavuz verweigert Marschall den Handschlag

Josiah Basoah (li.) - im Zweikampf mit Hamm-Verteidiger Jannis Niestädt - verursachte den Strafstoß, der zum 0:1 führte. Foto: Heiden

„Im Endeffekt war das ein verdienter Sieg“, konstatierte Marschall, der nach der langen Zwangspause schon im Vorfeld in Richtung seiner Elf unkte: „Mal gucken, wer was gemacht hat in der ganzen Zeit.“ Heute sei „das Spielglück endlich mal wieder ein bisschen auf unsere Seite zurückgekehrt. Auch die Einwechslungen haben sich bezahlt gemacht“, strahlte der Hamm-Dompteur, dessen Gegenüber, Hakan Yavuz, ihm nach Spielschluss ohne Grund den Handschlag verweigerte und auch für die Presse – mal wieder – nicht für ein Statement aufzufinden war. Trotz Nachfrage.

Zurück zum Sportlichen: Dank „Elia“ Kukanda bog Hamm im zweiten Durchgang auf die Siegerstraße ab. Nichtsdestotrotz gestand Marschall: „Wir erkennen ihn kaum wieder. Von dem, was er letzte Saison gespielt hat, ist er weit weg. Aber in der zweiten Halbzeit hatte er ein paar Aktionen, wo wir den Elia wiedergesehen haben. Aber da muss viel mehr kommen.“ Wie auch von beiden Teams im Allgemeinen in den kommenden Wochen…

Autor: Dennis Kormanjos