Oberliga 01

Nach Schock vorm Abschlusstraining: „Diesen Sieg widmen wir Tom!“

26. November 2021, 23:42 Uhr

Mit zwei Vorlagen hatte "Performance Leader" Rinik Carolus (li.) - hier im Duell mit Lawrence Schön - entscheidenden Anteil am Dassendorf-Sieg. Foto: Bode

Bereits im Mannschaftskreis nach dem Spiel (alle Highlights im LIVE-Ticker) machte Dassendorfs „Performance Leader“, wie TuS-Trainer Jean-Pierre Richter seinen doppelten Vorbereiter Rinik Carolus im Nachgang taufte, mit Worten deutlich, dass „Fußball manchmal zur absoluten Nebensache wird“. So auch für die Spieler und Offiziellen des Hamburger Serienmeisters am Donnerstagabend beim Abschlusstraining vor dem Gastspiel bei Concordia Hamburg, als die Nachricht die Runde machte, dass TuS-Spieler Tom Muhlack einen schweren Autounfall hatte, aus seinem „Wrack“ befreit und notärztlich versorgt werden musste.

Martin Harnik (li.) bejubelt sein traumhaftes Führungstor mit Sven Möller. Foto: Bode

„Es war ein Training, dass für mich schneller vorbei war, als es angefangen hat“, verriet Richter anschließend, „weil man sich in dem Moment gar nicht mit dem Gedanken Fußball beschäftigen wollte. Wir sind einfach nur mega glücklich, dass er den Umständen entsprechend wohlauf ist!“ Gerade erst war der Youngster nach einer längeren Verletzungspause auf dem Weg zurück in die Mannschaft. „Und wenn du dann unmittelbar vor dem Abschlusstraining so etwas erfährst, dann auch noch die Bilder siehst“, musste Richter erstmal schlucken, ehe er anfügte: „Wäre das vor dem Training der Fall gewesen, hätten wir nicht trainieren können.“ 


So verrichtete man schlussendlich mehr oder minder nur Dienst nach Vorschrift. Denn mit den Köpfen war man ganz woanders. „Wir haben uns gesagt, dass Fußball eben nicht alles ist. Aber wir wollten auf dem Platz den einen Meter mehr für Tom machen, um ihm auch zu zeigen, dass wir für ihn etwas reißen wollen. Auch die Mannschaft hat klar gesagt: Wenn wir heute einen Meter mehr als der Gegner machen, dann ist der für Tom – und er wird sich lohnen.“

"Das war kein Fußballspiel von uns, sondern ein leidenschaftlicher Kampf"

Martin Harnik (Mi.) nimmt es mit gleich zwei Gegenspielern auf. In diesem Fall mit Onur Saglam (li.) und Jan Novotny. Foto: Bode

Dass Muhlack nach dem schlimmen Autounfall mit relativ kleinen Blessuren, die ganz andere Dimensionen und Ausmaße hätten annehmen können, davongekommen sei, „zeigt, dass er nicht nur einen Schutzengel hatte, sondern am Ende des Tages auch glücklich aus so einem Unglück rauskommt“, befand Richter, der nach den 90 Minuten im Sportpark Hinschenfelde aber auch die Feststellung machte: „Man hat der Mannschaft angemerkt: Frei für Fußball war keiner auf dem Feld. Deswegen glaube ich auch, dass es von unserer Seite kein Fußballspiel war, sondern ein leidenschaftlicher Kampf um drei Punkte. Den Sieg wollen wir Tom widmen!“

Harnik-Traumtor bringt "Dasse"-Sieg auf den Weg - Lob für den Gegner

Als er beim Verlassen des Platzes einen kurzen Zwischenstopp bei den Cordi-Verantwortlichen machte und noch ein kleines gut gelauntes Pläuschchen abhielt, entgegnete Martin Harnik in Richtung Concordia-Coach Frank Pieper-von Valtier: „Macht weiter so – das war stark“, ehe er sich in die warme Kabine begab. Dass der „starke“ Auftritt der Hausherren nicht mit etwas Zählbarem belohnt wurde, lag auch am langjährigen Profi, der für „Dasse“ in dieser Saison nach Belieben trifft. Eine gute halbe Stunde lang war Harnik kaum zu sehen, dann aber beförderte er das Spielgerät in die Maschen – und wie. Nach einer Linksflanke von Rinik Carolus nahm „Hanno“ die Kugel aus 14 Metern mit links volley und jagte sie von der Unterkante der Latte ins Dassendorfer Glück (34.)! Johannes Höcker streckte sich vergeblich, konnte den Einschlag letztendlich nicht mehr verhindern.

"Das ist der große Unterschied zwischen Dassendorf und uns"

Veli Sulejmani (re.) hätte Cordi in der ersten Halbzeit in Front bringen können. Foto: Bode

Dennoch konstatierte Pieper-von Valtier: „Das war ein guter Auftritt von uns“, ehe er erklärend ausführte: „Dassendorf hatte nicht viele Torchancen. Unterm Strich hatten wir mehr Möglichkeiten, diese haben wir aber nicht genutzt“, sprach er auf die vergebenen Torgelegenheiten von Veli Sulejmani (21.), Andy Appiah (46.), insbesondere Marc Bölter (53.) und Hischem Metidji (66.) an. „Da muss sich keiner unterm Tisch verkriechen oder sonst was. Viele haben eine wirklich gute Leistung abgeliefert, worauf sie stolz sein können.“ Der einzige Punkt, wo man sich etwas vorwerfen könne: Die mangelnde Chancenverwertung. „Ansonsten haben wir gut gegen den Ball gearbeitet, hatten viel und meiner Meinung nach auch mehr vom Spiel. Aber das ist der große Unterschied zwischen Dassendorf und uns – und auch der Grund, warum sie in der Liga da stehen und es so spielen, wie sie es spielen: Sie brauchen halt nur zwei Torchancen.“

"Wir waren heute so weit weg und haben keinen Zugriff gefunden"

Die Hausherren reklamieren Abseits, die Gäste aus Dassendorf bejubeln das entscheidende 2:0. Foto: Bode

In der Schlussminute kloppte Seyhmus Atug über eine harmlos anmutende Flanke von Eyke Kleine. Dadurch hatte Carolus viel Zeit, legte freistehend für den nach langer Verletzungspause langsam wieder in Tritt kommenden Maximilian Dittrich ab – und dieser machte den Auswärtssieg perfekt (90.). „Keine leichte Vorbereitung, kein gutes Spiel“, lautete das Fazit von „JPR“, der von einem „mental sehr emotionalen“ Spiel sprach. „Wir haben uns gegen einen sehr spielstarken Gegner echt schwergetan. Ich muss ja schon selbst lachen, wenn ich sagen würde: Wir haben die an die Wand gespielt. Wir waren heute so weit weg, ob in den Zweikämpfen oder in den entscheidenden Situationen. Wir haben keinen Zugriff gefunden – trotz einer Vier-zu-Zwei-Überzahl im zentralen Mittelfeld. Aber die Jungs sind gelaufen und haben sich in alles reingeschmissen – das war wichtig.“

"Wir wollen die Nummer eins sein - auch im nächsten Sommer!"

Die Spieler der TuS Dassendorf feiern den Auswärtssieg und widmen den "Dreier" dem verletzten Tom Muhlack. Foto: Bode

Man habe sich „nicht über den Glanz, sondern über die Einstellung den Sieg verdient“, urteilte Richter. Wenngleich er auch gestand: „In der zweiten Halbzeit haben wir nicht mehr stattgefunden und konnten froh sein, dass wir das Ergebnis lange halten konnten. Wir gewinnen nicht auf locker, aber am Ende des Tages vielleicht auch nicht so ganz unverdient. Denn wir sind einfach zu geil aufs Gewinnen, dass wir das herschenken – da lassen wir nichts liegen.“ Vielmehr wollte man „über die Bereitschaft, die Mentalität und die Entschlossenheit zeigen: Wir wollen die Nummer eins sein, wir sind es aktuell – und wir wollen es auch im nächsten Sommer in dieser Liga sein!“

Autor: Dennis Kormanjos