„So macht's richtig Bock“: „Turbo-Torjäger“ Conteh sorgt für Pauli-Party

Doppelpack beim 4:1-Erfolg der „Kiezkickerchen“ gegen Norderstedt

21. Oktober 2018, 19:15 Uhr

Die Szene vorm Ausgleich: Eintracht-Keeper Nick Nürnberger (re.) im Duell mit Sirlord Conteh, der gleich zu Fall kommt. Foto: Marcus Sellhorn

Er traf jede Menge alte Bekannte, musste eine Vielzahl an Händen schütteln – doch zum Glücksbringer für seine Ex-Teamkollegen wurde Linus Meyer nicht: Der 26-Jährige, der im Sommer von Eintracht Norderstedt zum West-Regionalligisten SV Rödinghausen gewechselt war, erlebte im Edmund-Plambeck-Stadion einen über weite Strecken doch eher schwachen Auftritt von „EN“ mit. Die Konsequenz: Vor 585 Zuschauern kassierte die Elf von Trainer Dirk Heyne im Hamburger Regionalliga Nord-Derby gegen die Zweitvertretung des FC St. Pauli eine deutliche 1:4-Niederlage (Hier gibt’s den Live-Ticker der Partie zum Nachlesen) – und hatte anschließend doch eine Menge Gesprächsbedarf.

„Bis zum 1:0 haben wir eigentlich ganz vernünftig gespielt“, konstatierte Nick Brisevac nach dem Match. Völlig unrecht hatte Norderstedts „Zehner“ mit seiner Sicht der Dinge nicht, doch da war ja auch noch die Kehrseite der Medaille – und die spielte sich nach dem Elfmeter-Treffer von Felix Drinkuth (27.), der die Gastgeber am Tag nach seinem 24. Geburtstag in Führung gebracht hatte, ab: Auch auf der anderen Seite gab es einen Strafstoß. Verursacht von „EN“-Schlussmann Nick Nürnberger. Im Duell mit selbigem ging St. Paulis Sirlord Conteh zu Boden, Referee Malte Göttsch (TuS Hartenholm) zögerte erneut keine Sekunde und zeigte auf den Punkt. „Goalie“ Nürnberger verneinte im Anschluss an die Partie die Berechtigung des Elfmeters, doch Brian Koglin war dies egal. Er traf nach 35 Minuten zum Ausgleich für die „Kiezkickerchen“.

Carstens: „Er hat ein überragendes Tempo und weiß, wie man das einsetzen muss“

Tor am Tag nach dem Geburtstag: Felix Drinkuth (re.) traf zum 1:0 für die Gastgeber. Foto: Marcus Sellhorn

„Ob der Elfmeter unbedingt sein muss, weiß ich nicht. Der Spieler läuft vom Tor weg“, erklärte Nick Brisevac mit Blick auf das 1:1 und ärgerte sich in seiner Analyse der 90 Minuten: „Danach hatten wir die eine oder andere Unachtsamkeit. Beim 1:2 laufen wir unnötig in einen Gegenangriff. Insgesamt sind die Gegentreffer, die wir bekommen haben, unnötig. Das Ergebnis fällt dadurch höher aus, als es sein muss.“ Die Gäste hätten, so Brisevac weiter, aber auch „keine schlechte Mannschaft. Da waren ein paar Jungs von den Profis dabei. Pauli II hat richtig gutes Tempo gezeigt. Wir haben es nicht geschafft, den Spielaufbau des Gegners zu unterbinden, sind nicht in die Zweikämpfe gekommen, sondern viel hinterhergelaufen.“ Und das traf vor allem im Duell mit einem Mann zu: Sirlord Conteh. „Sissi“, wie der Stürmer der Equipe von Pauli II-Coach Joachim Philipkowski genannt wird, war der Mann, der den Unterschied machte.

„Er hat ein überragendes Tempo und weiß, wie man das einsetzen muss. Es ist gut, so einen Spieler vorne dabei zu haben“, urteilte St. Paulis Florian Carstens, der den Elfmeter zum 0:1 verursacht hatte („Ich komme zu spät und treffe ihn, das ist ein klarer Elfer“). Wie wichtig der Mann mit der Rückennummer elf für die Gäste war, beweist der Blick auf die Statistik: Beim Elfer vorm 1:1 kam Conteh zu Fall, nach Dario Kovacic' langem Ball nach vorne sprintete „Sissi“ auf und davon und lupfte das Spielgerät schließlich cool über Norderstedts Torwart Nürnberger hinweg zum 2:1 in die Maschen (54.). Und nur zwölf Zeigerumdrehungen später hatte er keinerlei Mühe, im Anschluss an einen Pass von Kovacic den Ball zum 3:1 über die Linie zu drücken. Für den Schlusspunkt sorgte „Profi-Leihgabe“ Jan-Marc Schneider, der einen kapitalen Bock von Nürnberger – er wollte nach einem vorherigen Rückpass von Juri Marxen spielerisch klären – zum 4:1 nutzte und einschob (75.).

Mandic: „Wir haben versucht, dagegen anzukämpfen, aber es war moralisch und kämpferisch schwer“

Achtung, Hindernis: St. Paulis Luis Coordes (li.) stellt sich Mats Facklam in den Weg. Foto: Marcus Sellhorn

„Wir waren einfach griffiger und hatten Lust, Fußball zu spielen. So wie in der zweiten Halbzeit macht's richtig Bock, zu spielen. Wir haben den Ball laufen lassen und hatten mehr Ballbesitz als Norderstedt. Mit den zwei Treffern, die ich gemacht habe, bin ich zufrieden. Bei den Vorlagen macht Dario das natürlich überragend, er hat eine richtig gute Übersicht“, lobte Conteh seinen Teamkollegen, „beim zweiten dreht er sich auf, spielt direkt rüber – da ist es ein Kinderspiel, den Ball reinzumachen.“ Beste Werbung quasi für das nächste „richtige Nord-Derby“ (O-Ton Conteh) gegen den HSV II, das am kommenden Freitag steigt: „Wir müssen mit genau der gleichen Griffigkeit und Aggressivität in dieses Spiel gehen. Wir haben da richtig Bock drauf und sind heiß. Hoffentlich kommen mehr Zuschauer als in den letzten Jahren, da war die Kulisse immer mager“, so Conteh, der mit seinem Team – mit 23 Zählern beste Hamburger Mannschaft der Liga – ein klares Ziel hat: „Dass wir die Nummer eins in Hamburg sind, find ich gut. Das ist überragend und soll auch so bleiben.“

Nicht ganz so überragend war derweil die Stimmung bei Marin Mandic. „St. Pauli II war aktiv und frisch. Wir haben versucht, dagegen anzukämpfen, aber das war moralisch und kämpferisch schwer für uns“, gab der Abwehrspieler der Eintracht zu Protokoll, „das war jedoch nur eine Niederlage, mehr nicht. Wir werden diese Niederlage aufarbeiten und die Fehler ansprechen. Wir müssen ganz einfach versuchen, jetzt das nächste Spiel wieder zu gewinnen.“ Doch genau da liegt das Problem: Norderstedt mangelt es an Konstanz. „Das ist schon die ganzen letzten Jahre so. Wir haben da bisher keine Lösung für gefunden. Die Liga ist ausgeglichener denn je, da hast du Mannschaften, die dich schlagen. Es gibt keine konkrete Erklärung. Wir gewinnen Spiele, aber wir verlieren auch mal einige hintereinander. Dann landest du eben im Mittelfeld“, so Mandic, der auch verriet, was Coach Dirk Heyne der Mannschaft nach dem Spiel mit auf den Weg gab: „Er hat gesagt, dass er uns als Team im Grunde keinen Vorwurf machen kann, weil es letztlich individuelle Fehler waren, die das Spiel entschieden haben.“

Jan Knötzsch

Die Pressekonferenz mit den beiden Trainern Joachim Philipkowski (FC St. Pauli II) und Dirk Heyne (EIntracht Norderstedt):