Oberliga 02

Trotz „Unruhestifter“ Jansen: HEBC übersteht „schwierige Phasen“ und katapultiert die Rothosen in den „knallharten Abstiegskampf“!

05. Februar 2022, 00:24 Uhr

Der Schlusspfiff: Unbändiger Jubel auf der HEBC-Bank nach dem Last-Minute-Sieg - und Chefcoach Özden Kocadal (Mi.) ist mittendrin. Foto: noveski.com

Als noch fünf regulär zu spielende Minuten auf der Uhr waren, pushte Marcell Jansen sein Team nach vorne: „Kommt Männer – noch zehn, 15 Minuten“, sprach er auf die sich anbahnende lange Nachspielzeit aufgrund etlicher Unterbrechungen an – und forderte: „Volles Risiko!“ Auch sein Trainer Marcus Rabenhorst trieb seine Rothosen noch einmal nach vorne: „Kommt, Männer – gemeinsam!“, wusste man beim Hamburger SV III genau, dass das 2:2 im Duell gegen Mit-Konkurrent HEBC (alle Highlights im LIVE-Ticker) zu diesem Zeitpunkt zu wenig war. Ein Sieg musste her, um die letzte Chance auf die Meisterrunde zu wahren…

Aus spitzem Winkel bringt Marcell Jansen (li.) seine Rothosen in Führung. Foto: noveski.com

Die Hausherren warfen alles nach vorne, die Gäste bekamen dadurch nochmal Raum. Janosch Rinckens steckte mit der Hacke durch. Der wohl im Abseits stehende Lion Jodeit blieb weg, Alexandros Tourgaidis brach dafür über halblinks durch, sah den im Zentrum besser postierten Laurel Aug. Und der Neuzugang, der eine bärenstarke Leistung aufs Parkett brachte, bewies mit seiner Regionalliga-Erfahrung das Auge für den halbrechts startenden Tjorven Köhler. Anstatt selbst abzuschließen, legte Aug quer. Köhler dankte es seinem Teammollegen und schoss unter riesengroßem Jubel auf der HEBC-Bank in der Nachspielzeit zum Luckypunch und 3:2-Siegtreffer für die Eimsbütteler ein (90. +1)!

"Wir sind noch nicht durch!"

Hendrik Diekmann (3. v. li.) hat die postwendende Antwort parat - 1:1. Foto: noveski.com

„Ich bin total fertig“, konnte Kocadal sein Glück kaum fassen – nachdem seine Schützlinge mit mehr als nur einem Bein der Meisterrunde entgegensteuern. Aber: „Wir sind durch, wenn Osdorf irgendwann gegen Buchholz verliert. Vorher nicht“, beschwichtigte der Coach umgehend. „Oder wir gewinnen gegen Rugenbergen. Und das wird ein sehr hartes Stück Arbeit!“ Dennoch hat seine Elf mal wieder ungeheure Moral und unbändigen Charakter gezeigt. Auf die Frage, warum der HEBC das Feld als Gewinner verlassen habe, entgegnete Kocadal: „Vielleicht, weil wir mehr investiert haben und einfach eine Mannschaft sind, die niemals aufgibt! Egal, wie es im Spiel aussieht – man muss uns immer auf der Rechnung haben. Das haben wir heute mal wieder bewiesen.“

"Wir haben Marcell Jansen das ganze Spiel nicht in den Griff gekriegt"

Das 2:1: Nach Kopfballablage von Jansen schweißt Dominik Jordan (li.) zur abermaligen Führung ein. Foto: noveski.com

Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn: „Wir mussten viele Nackenschläge hinnehmen. Der HSV hat sich viele Torchancen herausgearbeitet und wir haben Marcell Jansen eigentlich im ganzen Spiel nicht in den Griff gekriegt.“ Der Präsident des HSV machte mit der HEBC-Hintermannschaft, was er wollte, entschied nahezu jedes Duell für sich – ob in der Luft, am Boden oder selbst dann, wenn die Situation bereits aussichtslos schien. „Cello“ ging mit vollem Einsatz voran! Nicht nur das. Das 1:0 erzielte er nach überragender Vorarbeit von Manuel Brendel selbst (27.). Den 2:1-Führungstreffer kurz nach der Pause, in der besten Phase der Rabenhorst/Rahn-Rackerer, legte Jansen per Kopf für Dominik Jordan vor (48.).

"Überragendes" Solo - aber Jordan vergibt die Vorentscheidung

Das 2:2: Alexandros Tourgaidis (li.) entwischt Tom Burmeister und markiert aus vollem Lauf heraus den erneuten Ausgleich. Foto: noveski.com

Apropos Dominik Jordan: Dieser hätte bereits unmittelbar vor dem (sehr weiten) Gang in die Kabinen das 2:1 besorgen können, als er nach Brendels Hereingabe innerhalb des „Fünfers“ freistehend am Ball vorbei haute (43.), Spätestens in der 63. Minute musste er nach seinem Treffer zur abermaligen Führung aber das wohl vorentscheidende 3:1 markieren: Erneut von Jansen in Szene gesetzt, spielte Jordan die Gäste-Abwehr mit einem famosen Solo schwindelig und stand plötzlich blank vor Nils Ortner. Statt mit dem linken Fuß ins lange Eck abzuschließen oder einfach querzulegen – wie Aug für Köhler in der Nachspielzeit –, entschied sich Jordan für den Kunstschuss mit dem Außenrist und verfehlte das lange Eck.

"Wir waren hinten und vorne zu inkonsequent"

Doch zuvor hätte Dominik Jordan (re.) freistehend das 3:1 besorgen können, zielte aber nach überragendem Solo mit dem Außenrist am Gehäuse vorbei. Foto: noveski.com

„Unterm Strich muss man sagen: Wir waren hinten zu inkonsequent – und vorne genauso“, fasste ein ernüchterter Rabenhorst zusammen. „Ich glaube, das wäre der Dosenöffner gewesen. ‚Dome‘ setzt sich erst überragend durch und muss dann einfach nur querlegen. Dann steht es hier 3:1, man ist ganz weit vorne – und dann wird es auch für HEBC ganz schwer, das Spiel noch zu drehen“, befand Rabenhorst.

So aber schlugen die Mannen vom Reinmüller ein zweites und später sogar drittes Mal zurück. Keine 120 Sekunden nach dem ersten Rückstand verwertete Hendrik Diekmann einen Pass in den Rücken der Abwehr von Rinckens zum 1:1 (29.). 20 Zeigerumdrehungen vor Ultimo nutzte der eingewechselte Tourgaidis einen herausragenden Pass von Aug aus etwas spitzem Winkel zum 2:2. In einem „total wilden Spiel“, in dem „in beide Richtungen permanent Unruhe drin war“, wie Rabenhorst konstatierte, ging es nun hin und her. Man merkte beiden Mannschaften an, dass eine Menge auf dem Spiel stand. „Wir haben es selbst nicht gut genug gemacht, mal in eine längere Ballbesitzphase zu kommen. Wir haben viel zu früh lang geschlagen und keinen Spielfluss drin gehabt“, stellte Rabenhorst fest.

"Vielleicht hat der Druck den einen oder anderen Spieler gehemmt"

Fassungslos: Marcell Jansen haderte ein ums andere Mal mit den Entscheidungen von Referee Florian Pötter. Foto: noveski.com

Man könne „keinem Spieler absprechen, dass er nicht wollte. Alle wussten, um was es geht – und haben Gas gegeben. Aber in der Summe war es heute nicht gut genug“, gab „Rabe“ unumwunden zu. „Ich glaube nicht, dass wir verdient verloren haben. Ganz im Gegenteil. Es war ein offener Schlagabtausch – mit einem Chancenplus auf unserer Seite.“ Aber: „Wir wussten, wir müssen beide Spiele gewinnen. Vielleicht hat das den einen oder anderen Spieler heute auch ein bisschen gehemmt“, mutmaßte Christian Rahn. „Insgesamt war das kein gutes Spiel. Und das Ergebnis ist ein Sinnbild der ganzen Saison. Wir hatten viele Chancen, haben diese aber nicht konsequent genutzt. Und hinten haben wir viel zu viele einfache Fehler gemacht, die zu Gegentoren geführt haben. Die Enttäuschung ist gerade riesig“, machte Rahn keinen Hehl daraus.

"Es geht für uns jetzt um knallharten Abstiegskampf!"

Der späte Luckypunch: Tjorven Köhler (re.) erwischt Jonas Marschier mit seinem platzierten Abschluss auf dem falschen Fuß. 3:2 HEBC! Foto: noveski.com

„Man konnte sich ja schon vor den drei Spielen auf einen knüppelharten Abstiegskampf einstellen – oder musste es zumindest tun. Denn die Chance war nun mal minimal. Ich finde trotzdem, dass wir im Vergleich zur Hinrunde auch heute wieder ein anderes Gesicht gezeigt haben“, bilanzierte derweil Rabenhorst, der mit seinen Schützlingen zum Abschluss zum FC Süderelbe muss. „Das wird ein brutal schweres und wichtiges Spiel. Es geht jetzt für uns um knallharten Abstiegskampf – um nichts anderes! Da müssen wir bestehen und uns reinbeißen. Das sind jetzt Spiele, die jede Woche wehtun. Aber das haben wir uns selbst zuzuschreiben. Da müssen wir jetzt durch.“

"Es ist schön, zu sehen, wie wir als Truppe gemeinsam schwierige Phasen überstehen"

Ausgelassen wurde der späte Sieg nach zweimaligem Rückstand beim HSV III gefeiert: Der HEBC macht einen Riesenschritt in Richtung Meisterrunde. Foto: noveski.com

Ganz anders war die Stimmungslage natürlich auf der anderen Seite. „Ich freue mich einfach unfassbar über diesen Sieg und die Art und Weise, wie wir immer wieder zurückgekommen sind. Es ist einfach schön, zu sehen, wie wir gemeinsam als Truppe schwierige Phasen überstehen können“, war Kocadal überaus stolz auf seine Truppe, die den Plan, immer wieder mit tiefen Läufen zu agieren, gut umgesetzt habe. „Es ist sehr einfach, den Jungs zu sagen, sie sollen Fußball spielen. Aber sie haben so die letzten beiden Tore erzielt“, strahlte der HEBC-Dompteur – und hielt abschließend fest: „Wir sind eine Mannschaft, die über harte Arbeit und Comeback-Mentalität, auch Spiele für sich entscheiden kann, die ungünstig ausschauen.“ Das hat man einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis gestellt…

Autor: Dennis Kormanjos

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