Kolumne

Oberliga-Zwischenfazit – HEBC vorweg, ETSV hinterher

27. September 2023, 10:00 Uhr

Foto: Rüdiger Abend

Inzwischen sind zehn Spieltage in der Oberliga Hamburg gespielt und es macht durchaus Sinn, ein kleines Zwischenfazit zu ziehen und auf die Teams zu schauen. Wer fällt positiv auf bzw. sticht heraus und wer läuft den eigenen Ansprüchen bzw. der Musik und den direkten Konkurrenten hinterher?

Kocadal wird für harte Arbeit belohnt – HEBC ist das Team der Stunde

Leistet beim HEBC ganze Arbeit: Chefcoach Özden Kocadal hat die Reinmüller-Rackerer nicht nur in die Oberliga geführt und dort etabliert, sondern auch auf Platz zwei geführt. Foto: noveski.com

Wenn man in die aktuelle Tabelle schaut, dann fällt einem ein Team sofort auf – der Hamburg-Eimsbütteler Ballspiel-Club e.V. – kurz: HEBC. Die Lila-Weißen vom Professor-Reinmüller-Platz erleben gerade einen absoluten Höhenflug und stehen auf Platz zwei. Ein inzwischen sehr guter Kader, der im Sommer 2022 mit Janosch Rinckens, Alexandros Tourgaidis, Maximilian Schulz, Laurel Aug, und Chris Flick wichtige Spieler und einige Scorerpunkte und Tore verlor. Trainer Özden Kocadal mahnte diese Abgänge sofort an und der schlechte Start bestätigte dies. Als ein paar Spiele vergangen waren, das Team zusammengewachsen war und die ersten Punkte geholt wurden, kam man in einen Flow. Bereits in der Rückrunde der vergangenen Saison entstand der Eindruck, dass dieses Team sich sehr gut entwickelt und das Potenzial vollends ausschöpft.

Im Sommer 2023 gab es dann sehr gute Transfers, die nahezu alle einschlugen. Demirovic kam vom Meister aus Sasel, Hartwig von Victoria, Grünewald und Schmidt aus Osdorf, Nawaz vom ETV, Lamm aus Ahrensburg und zuletzt noch Ex-Regio-Kicker Stech. Das sind jetzt nicht die ganz großen Namen, aber sie alle haben eines gemeinsam: Sie liefern auf dem Platz ab, sind sozial kompatibel, passen menschlich und haben den Konkurrenzkampf mehr denn je entfacht. Özden Kocadal, der immer auf Unterstatement macht, mit beiden Beinen auf dem Boden bleibt und HEBC mehr als nur lebt, hat nun zum allerersten Mal einen ambitionierten und gierigen Kader zusammen. Nun geht es mit breiter Brust in eine Reihe von Topspielen und man richtet sich inzwischen nicht mehr nur nach Gegner, sondern möchte sein eigenes Spiel durchbringen und weiter Siege einfahren.

Harksheide bestätigt Entwicklung – Alsterbrüder und HR nehmen Euphorie mit

Auch Leonard Mai und seine Harksheider haben eine starke Entwicklung genommen. Foto: noveski.com

Am Exerzierplatz in Norderstedt, wo TuRa Harksheide heimisch ist, war es noch nie leicht. Gerade die Topteams beißen sich da gerne die Zähne aus. In dieser Saison wird ähnlich konstant wie in der vergangenen Saison gepunktet. Im Sommer wurde der Kader, im Vergleich zum Vorjahr, auf die Oberliga ausgerichtet und man merkt nahezu jedem Spieler an, dass er sich in der vergangenen Saison weiterentwickelt hat und die Lernkurve nach oben ging. Nach Siegen gegen Victoria, den ETSV und Niendorf ist die Brust sehr breit. Sonntag geht es dann zu HEBC, eine sehr spannende Partie.

Auf einer Euphoriewelle schwimmen die beiden Aufsteiger aus der Hammonia-Staffel. Während man der SV Halstenbek-Rellingen nach zehn Spielen nicht unbedingt 13 Punkte zugetraut hat, geht die wilde Erfolgsfahrt am Walter-Wächtler-Platz in Eimsbüttel weiter. Die Alsterbrüder liefern auch in der Oberliga furiose Spiele ab und zerlegten erst kürzlich eindrucksvoll den Nachbarn SC Victoria.
Das direkte Duell am vergangenen Spieltag ging an die Blau-Gelben. Beide Teams sollten bis Weihnachten weiter fleißig Punkte sammeln, denn die Saison ist noch lang.

ETSV enttäuscht beim Großteil der Spiele – Cholevas haderte mit Ergebnissen

Nach gerade mal zehn Spielen ist das Intermezzo von "Aki" Cholevas am Mittleren Landweg schon wieder beendet. Foto: noveski.com

Zu den großen Enttäuschungen der bisherigen Saison kann man definitiv den ETSV Hamburg zählen. Der extrem gut bestückte Kader aus der letzten, so erfolgreichen, Aufstiegssaison hat man im Sommer 2023 nochmal kräftig aufgewertet und mit Ex-Regio-Kickern wie Fabio Parduhn, Marcel Andrijanic, Christian Stark und Hamo Bojadgian ausgestattet. Dazu kamen viele erfahrene Oberligaspieler und mit Aki Cholevas ein neuer Trainer. Zunächst könnte man natürlich, wie es so viele tun, bekannte Floskeln rausholen und sagen, dass die Mannschaft sich erstmal finden müsse und es noch dauert, bis sich alle aneinander gewöhnt haben. 

Das mag auch sein, aber die Art des gespielten Fußballs sollte sich schon zeigen und den Eindruck verschaffen, dass der Hebel nur umgelegt werden muss. Niederlagen in Buchholz und Harksheide und das Remis bei Cordi haben gezeigt, dass die Oberliga doch etwas anderes ist als die Landesliga Hansa. Inzwischen stehen drei Niederlagen in Folge zu Buche, das Umfeld wird unruhig und man hörte die ersten Gerüchte, die sich nun bestätigten. Trainer Aki Cholevas legt sein Traineramt aus privaten Gründen nieder und kehrt dem ETSV den Rücken. Ich bin gespannt, was nun am Mittleren Landweg passiert.

Tornesch, Cordi, Düneberg und Rugenbergen kämpfen um OL-Zugehörigkeit – Türkiye auch?

Nach der 3:4-Schlappe im "Kellerkick" gegen Düneberg wird die Luft für Martin Schwabe und seinen FC Union Tornesch immer dünner. Foto: noveski.com

Dass Union Tornesch nach dem großen Umbruch um den Klassenerhalt kämpfen wird, war vielen sofort klar und ist in der Summe auch nicht unlogisch. Die Eisernen scheinen aber sehr gefestigt zu sein, so dass ein Abstieg das Gebilde nicht auseinanderreißen würde.

Der Düneberger SV profitierte vom positiven Verlauf der Regionalliga-Relegationsspiele des Eimsbütteler TV und stieg, trotz des verlorenen Relegationsspiel gegen HR, noch auf. Nach dem Abgang von Dennis Tornieporth (Lüneburger SK) verließen mit Behrens und Akkus die beiden Topscorer den Verein. Dass es die Mannen vom Silberberg schwer haben würden, war klar, dennoch sind drei Partien mit jeweils acht Gegentoren sehr bedenklich.

Mit dem SV Rugenbergen kämpft ein Team um den Klassenerhalt, das zum Inventar der Oberliga Hamburg gehört. Trainer Nils Hachmann konnte im Sommer 2023 sich zum ersten Mal seinen Kader zusammenstellen und musste dabei wichtige Abgänge verkraften. Gerade die Abgänge von Leon Neumann (Niendorf), Henry Koeberer (ETV) und Kilian Utcke (BU) wiegen schwer. Dennoch hat man einen jungen, lernwilligen und dynamischen Kader zusammen. Mit Max Düwel (Todesfelde) wurde nochmal qualitativ nachjustiert. Die bisherigen drei Punkte aus zehn Spielen sind dennoch zu wenig und man sollte bis Weihnachten schleunigst punkten – am besten direkt am Sonntag gegen den ETSV.

Nur sechs Punkte aus zehn Spielen: Auch Concordia Hamburg hinkt der Musik hinterher. Thomas Runge muss mit seinem Team schnell den Turnaround schaffen. Foto: noveski.com

Mit Concordia Hamburg befindet sich ein Team auf Platz 16, das erst sehr spät zusammengestellt wurde. Sowohl die Spieler wie auch Trainer Thomas Runge tragen für mein Empfinden die geringste Schuld am aktuellen Zustand. Wieder mal versäumte man es, reichzeitig einen Kader zu planen und sich auf Oberliganiveau für eine Saison vorzubereiten. Stattdessen erstellte man ein „Konzept“ und wollte damit mal wieder die Welt verändern. Solange die Verantwortlichen nicht der Wahrheit ins Auge sehen und die Träume von einem Nachwuchsleistungszentrum und der Regionalliga bei Seite schieben, wird ein Absturz vorangetrieben und mit etwas Pech heißt es dann in der kommenden Saison nur noch: Landesliga-Fußball.

Auch der FC Türkiye ist plötzlich im Abstiegskampf zu finden. Vor der Saison hat damit sicherlich keiner gerechnet, aber als die Verletzung von Toptorjäger Michel Netzbandt publik wurde, konnte man es ein erahnen. Nun gesellen sich noch ein paar weitere Verletzte hinzu, die wichtige Säulen im Spiel des FCT sind. Wenn die Spieler wieder zurückkehren, wird man sich fangen und ausreichend punkten. Bis dahin heißt es: durchziehen.

Jan Haimerl