Aufstiegsrunde Regionalliga Nord 2024

Altonas Aufstiegs-Traum ist ausgeträumt: „Ich kann mir das nicht erklären!“

30. Mai 2024, 05:27 Uhr

Am Boden zerstörte Altonaer. Auch Lenny Glissmann (Mi.) kann es nicht fassen. Foto: Niklas Heiden

„Ja, wir waren uns sicher, dass wir das packen“, war die Zuversicht bei Michael Ambrosius und seinem Altonaer Fussball-Club vor dem zweiten Aufstiegsrunden-Spiel gegen den SV Todesfelde riesengroß. „Alles war angerichtet. Die Fans waren da, die Stimmung war geil“, sprach der Abwehrchef des AFC auf die beeindruckende Kulisse von 4116 Zuschauern auf der Adolf-Jäger-Kampfbahn an. Aber: „Was soll ich jetzt sagen?!“, war die Ernüchterung bei einem niedergeschlagenen Ambrosius nach den 98 gespielten Minuten riesengroß. Denn: Altona 93 hat den Aufstieg in die Regionalliga Nord verpasst (alle Highlights im LIVE-Ticker)! Stattdessen jubelte der Schleswig-Holstein-Meister im Altonaer zuhause…

Der Anhang des Schleswig-Holstein-Meisters sorgte für eine äußerst stimmungsvolle Kulisse an der Adolf-Jäger-Kampfbahn. Foto: Niklas Heiden

„Ich weiß es nicht. Keine Ahnung. Ich kann mir das einfach nicht erklären“, rang Ambrosius nach den richtigen Worten. Während ein Teil seiner Teamkollegen tief trauernd auf dem Grün lag – und der andere Part den aufmunternden Beifall der Anhängerschaft entgegennahm. Ein heftiger Dämpfer und herber Schock nach nicht einmal 60 Sekunden. Eine Antwort, die kaum eindrucksvoller hätten sein können – und von purem Willen sowie totaler Überzeugung geprägt war. Doch dann ereilte den AFC der nächste große Ernüchterung. Mit Verdacht auf Nasenbeinbruch musste Rasmus Tobinski in der Kabine bleiben. Ausgerechnet Tobinski, der es fast allein mit der Hintermannschaft von „Tofe“ aufnahm.

Altona lässt sich nicht aus der Bahn werfen

Als Til Weidemann bereits nach wenigen Augenblicken eine Hackenablage von Marco Pajonk staubtrocken zu verwerten wusste (1.), saß der erste Schock tief. Als Dustin Thiel eine Ecke von Mats Klüver auf Höhe des „Fünfers“ nahezu unbedrängt einköpfen durfte (19.), musste sich der AFC vom nächsten Nackenschlag in Form des zweiten Rückstandes erholen. Aber die „Bergmänner“ schienen komplett unbeeindruckt davon und spielten ihren Stiefel weiter runter. Während Altona auf viele Ballkontakte und immer auf der Suche nach der Lücke aus war, agierte der Schleswig-Holstein-Meister komplett schnörkellos und suchte den direkten Weg nach vorne.

"Bergmänner" drehen zweimaligen Rückstand

Altonas Gianluca Przondziono (re.) war nicht der Taktgeber wie sonst. Hier kann er Mats Klüver nicht stoppen. Foto: Niklas Heiden

Trotz doppeltem Dämpfer ging der AFC mit einer Führung in die Kabine. Michael Ambrosius schädelte einen weiten Einwurf (!) von Moritz Grosche zum prompten 1:1 ein (9.), ehe Rasmus Tobinski die „Tofe“-Abwehr vor arge Probleme stellte. Erst holte er nach einem Freistoß von Gianluca Przondziono und einem vermeintlichen Halten von Christian Rave abseits des Geschehens einen Strafstoß heraus, den Pascal El-Nemr sicher verwandelte (22.). Dann veredelte er einen traumhaften Spielzug über Grosche, Przondziono, Armel Gohoua, El-Nemr und Adrian Goransch, indem er dessen butterweiche Hereingabe mit dem ersten Kontakt in die Maschen hechtete – 3:2 (34.)! Ein Treffer, der von Willen, Überzeugung und Geilheit auf Tore geprägt war!

Tobinskis Präsenz fehlt - Altona findet nicht mehr statt

Dem Hamburger Meister fehlte nur noch ein Tor – und der Regionalliga-Aufstieg wäre perfekt gewesen. Doch dann musste ausgerechnet Tobinski in der Kabine bleiben. „Er hat uns vorne mit seiner Präsenz, Kopfballstärke und generell von seiner Art und Weise, Zweikämpfe zu gewinnen, im gegnerischen Strafraum gefehlt“, befand auch Ambrosius. Mit Bujar Sejdija, der beim zweiten Gegentreffer seinen Mann aus den Augen verlor und früh gelbverwarnt war, wurde ein zweiter Leistungsträger vom Feld genommen. Und plötzlich war ein kompletter Knacks im Spiel. Der AFC strahlte null Torgefahr und keinerlei Präsenz in der gegnerischen Zone mehr aus. Michael Gries konnte Tobinski nicht ansatzweise ersetzen und traf oft die falschen Entscheidungen. Auch die anderen Einwechselspieler brachten nicht den erhofften Elan rein.

AFC ohne jeglichen Zugriff

Todesfelder Jubel nach dem zwischenzeitlichen 2:1 durch Dustin Thiel per Kopf. Foto: Niklas Heiden

Bezeichnend für die zweiten 45 Minuten: Die Entstehung zum 3:3. Auf Höhe der Mittellinie misslang Przondzionos Versuch, den Ball mit der Hacke weiterzuleiten. Weidemann zog nahezu spielend an Lawrence Schön vorbei. Aber der Altonaer stoppte den „Tofe-Torschützen am eigenen Sechzehner – vermeintlich. Przondziono klärte erneut zu halbherzig, Ambrosius‘ Befreiungsschlag wurde von Klüver geblockt und fiel Julius Kliti auf den Schlappen. Dessen Schuss blockte Yannick Petzschke vor der Linie und verhinderte damit zunächst noch den Einschlag. Aber Altona pennte weiter. Rafael Krause nahm Maß und Pajonk grätschte das Runde ins Eckige (57.)!

Todesfelde feiert an der "AJK" - Altona am Boden zerstört

Der SV Todesfelde bejubelt den Aufstieg in die Regionalliga Nord und lässt an der "AJK" tieftrauernde Altonaer zurück. Foto: Niklas Heiden

Der Anhang der Gäste sorgte für eine unnachahmliche Stimmung, das Lager des AFC wirkte hingegen konsterniert. Dabei hätte das Remis zumindest für keine schlechte Ausgangslage vor dem abschließenden Spiel zwischen Todesfelde und dem vermeintlichen Favoriten Werder Bremen II gesorgt, da Altona die erste Partie bei der U23 des Bundesligisten „nur“ mit 0:1 verlor und das Elfmeterschießen für sich entschied. Aber: Der AFC fand offensiv überhaupt nicht mehr statt! Ganz im Gegenteil. Drei Minuten vor Ultimo verpassten die Schleswig-Holsteiner dem AFC den endgültigen Knockout, als der eingewechselte Top-Torjäger Morten Liebert einen langen Landvoigt-Abschlag festmachte und auf Kliti weiterleite. Ungehindert traf dieser zum 5:3 für den Gast!

Damit heißt es für Altona 93: Ein weiteres Jahr Oberliga. Während Todesfelde an der „AJK“ den Aufstieg bejubeln konnte, müssen die tieftraurigen und fassungslosen „Bergmänner“ einen neuen Anlauf nehmen. „Mund abputzen, kurze Pause – und dann geht es wieder los mit der Vorbereitung. Hilft ja nichts“, war der Blick nach vorne von Ambrosius eher von innerer Leere geprägt.

AFC-Coach Andreas Bergmann nach dem Scheitern im Interview:

Autor: Dennis Kormanjos