Oberliga

Ungebremst zur Machtdemonstration: In „Aki“ lodert das Feuer, in Nitsch die Ernüchterung!

30. Juli 2023, 21:07 Uhr

Der ETSV Hamburg feiert und bejubelt den ersten Oberliga-Sieg in der Vereinsgeschichte. Foto: noveski.com

Als Diamantis „Aki“ Cholevas bei Concordia Hamburg als Herren-Cheftrainer fungierte, coachte Marius Nitsch die B-Jugend der „Bekkampler“. Mittlerweile ist Cholevas – nach über sechsjähriger Abstinenz von der Hamburger Amateurfußballbühne – der neue starke Mann beim ETSV Hamburg. Während Nitsch dem USC Paloma mit erfolgreicher Arbeit neuen Glanz verliehen hat. Aber die Berührungspunkte zwischen dem 54-jährigen Cholevas und dem 30-jährigen Nitsch reißen nicht ab: Beide sind bei der Hochbahn angestellt. Und wie es der Zufall so wollte, trafen beide Protagonisten zum Oberliga-Auftakt direkt aufeinander (alle Highlights im LIVE-Ticker)!

ETSV-Angreifer Fabio Parduhn (Mi.) blieb im Abschluss überaus glücklos. Hier scheitert er an Jonas Marschner. Foto: noveski.com

„Der Zug hat keine Bremse“, ertönte unmittelbar vor dem Anpfiff aus den Lautsprechern am Mittleren Landweg. Ein inzwischen gängiger Song, der nach einer ungeschlagenen Landesliga-Saison zum Slogan beim ETSV Hamburg geworden ist. Nicht nur das. Inzwischen ist es auch die passende Tor-Hymne des ambitionierten Aufsteigers, die in der 14. Spielminute ihre Oberliga-Premiere feierte. Der geschichtsträchtige erste Torschütze des ETSV in Hamburgs höchster Spielklasse: Vedat Düzgüner.

Ein Ballgewinn des wiedererstarkten, giftigen und sehr fit wirkenden Alexandar Mucunski in der eigenen Hälfte per Grätsche leitete den Gegenangriff ein. Fabio Parduhn legte den folgenden langen Ball von Kusi Kwame per Kopf für Daniel Owusu ab. Dessen Flanke wurde zunächst abgefälscht und dann von Lion Mandelkau verpasst, so dass Düzgüner mit dem Knie per Bogenlampe ins lange Eck traf! Paloma bekam kein Bein auf den Platz. „Legt mal den Respekt ab jetzt“, forderte Kapitän Colin Blumauer kurze Zeit später.

"Aki" in alter Manier - ETSV brennt Feuerwerk ab

Daniel Owusu (2. v. li.) erlöste die Eisenbahner, kam vor Jonas Marschner (Mi.) an den Ball und köpfte das Runde über den Keeper hinweg zum 2:0 ins Tor. Foto: noveski.com

Aber es dauerte, bis die Nitsch-Elf auch aktiv am Spiel teilnahm. Erst, als der ambitionierte Liga-Neuling die Geschicke ein wenig schleifen ließ und nachlässig wurde, kam Moritz Niemann nach einem Einwurf zu einer guten Chance. Aber ETSV-Fänger Elian Clasen stellte seine Klasse unter Beweis (24.). In eben jener Phase kehrte auch das grimmige, impulsive und explosive Gesicht von Cholevas zurück. Unverändert gewohnt lautstark versuchte er, auf seine Mannen einzuwirken – und musste ein ums andere Mal von Kwame oder auch Eudel Monteiro ausgebremst werden. „Ein bisschen ruhiger“, bat der „Captain“ um etwas mehr Contenance.

Als Cholevas-Zögling Mucunski, der schon bei Cordi unter „Aki“ kickte, einmal Gegenwind gab („Ist doch okay“), explodierte Cholevas: „Nichts ist okay!“ Aber: Der ETSV führte verdient – und brannte in den zweiten 45 Minuten ein wahres (Chancen-)Feuerwerk ab! Mehr noch. Die Darbietung dürfte durchaus als Machtdemonstration anzusehen sein. Als Zeichen, wohin die Reise gehen kann und soll. Erst wurde André Monteiro Branco ein glasklarer Elfmeter verwehrt (51.), dann feuerte der starke Owusu das Spielgerät ans Quergebälk (53.), ehe Kwame knapp verzog und Düzgüner am Pfosten scheiterte (59.).

Parduhn unglücklich: ETSV-Chancenwucher nicht bestraft

Nach seinem Kopfballtreffer musste Owusu (Mi.) aufgrund des Zusammenstoßes kurz durchschnaufen, konnte aber weitermachen und seinen Torerfolg auch bejubeln. Foto: noveski.com

Allein Parduhn vergab innerhalb kürzester Zeit drei absolute Hochkaräter äußerst leichtfertig (61., 63., 67.). Als man aus ETSV-Sicht befürchten musste, dass sich dieser Wucher rächen könnte, erlöste Owusu seine Mannschaft, den Staff und den Anhang, als er einen Chip von Vincent Boock per Kopf über den herausstürzenden Jonas Marschner hinweg in die Maschen verlängerte (67.)! Trotz diverser Ausfälle und nur vier einsatzfähigen Ersatzspielern ging es auch in der Folge weiter. Der eingewechselte Lesley Karschau fand nach Zuspiel des angeschlagen zunächst auf der Bank sitzenden Christian Stark in Marschner seinen Meister (70.) und hechtete eine Flanke des ebenfalls in die Partie gekommenen Matthias Cholevas, Sohn von Neu-Coach „Aki“ Cholevas, hauchzart vorbei (80.).

"Das sind Auflösungserscheinungen"

Das 3:0: Hamajak Bojadgian (li.) überspringt Moritz Niemann und köpft den Ball in den Winkel. Foto: noveski.com

Zu diesem Zeitpunkt hatte Hamajak Bojadgian mit einem schulbuchmäßigen Kopfball nach einer Cholevas-Ecke in den rechten Winkel allerdings schon für endgültig klare Verhältnisse gesorgt – 3:0 (71.)! Der Moment, in dem auch der eigene Anhang skandierte: „Der Zug hat keine Bremse!“ Hatte er auch an diesem Nachmittag nicht, weil Blumauer zehn Zeigerumdrehungen vor Ultimo bei seinem USC ernüchternd feststellen musste: „Das sind Auflösungserscheinungen!“ Somit feierte der ETSV Hamburg im ersten Oberliga-Spiel den ersten Oberliga-Sieg – und Cholevas gab seinem ehemaligen „Schüler“ und Hochbahn-Arbeitskollegen das Nachsehen.

Was beide Trainer auf der anschließenden Pressekonferenz zu sagen hatten - HIER:

Autor: Dennis Kormanjos

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