Oberliga

Abstieg besiegelt: „Das schlechteste Spiel seit ich hier Trainer bin“ reicht für Curslack!

16. April 2023, 21:33 Uhr

Ein verzweifelter SVCN-Keeper Gianluca Babuschkin - und jubelnde Hausherren nach dem 2:1 mit dem Pausenpfiff durch Arisch Butt (Mi.). Foto: noveski.com

Als um 12:38 Uhr der Abpfiff am Reinmüller ertönte, war das Schicksal noch nicht besiegelt. Aber nach dem 2:1-Sieg des SV Rugenbergen gegen den TuS Osdorf stand es um 15:54 Uhr dann auch rechnerisch endgültig fest: Der SV Curslack-Neuengamme ist erster Oberliga-Absteiger der Saison 2022/23 und wird seinen Neuaufbau in der Landesliga vorantreiben müssen! Dass es für die Mannen vom Gramkowweg die letzte Chance war, das Unmöglich scheinende doch noch irgendwie möglich zu machen, war in den vorangegangenen 90 Minuten beim HEBC – mit Ausnahme der ersten zehn Minuten – überhaupt nicht zu sehen (alle Highlights im LIVE-Ticker). Stattdessen stellte der SVCN „eindrucksvoll“ unter Beweis, warum man das Ende der Oberliga-Tabelle ziert…

Nach dem frühen 1:0 durch Arnold Lechler (re.) war die Welt des SV Curslack-Neuengamme noch in Ordnung. Foto: noveski.com

Soeben hatten seine beiden Joker zugeschlagen und die Entscheidung herbeigeführt, da platzte es aus Özden Kocadal heraus: „Ein scheiß Spiel!“, konnte er dem 4:2-Sieg nicht viel Positives abgewinnen. „Ich muss ganz ehrlich sagen, das war das schlechteste Spiel seitdem ich hier bin!“ Und trotzdem reichte es für Curslack. „Ich ringe gerade wirklich um die richtigen Worte“, musste sich der Chefcoach des HEBC erst einmal sammeln und sortieren. Während auf der anderen Seite jeder sein eigenes Ding machte. „Das zieht sich durch die letzten Tage und Wochen bei uns. Man merkt am Trainingseifer, dass die Luft bei den Jungs raus ist“, lauteten die ernüchternden Worte von Spielertrainer Marcello Meyer.

Meyer selbst initiiert Wende - aber es reicht nicht

Henrik Giese (li.) und Arnold Lechler (re.) sind völlig verzweifelt - während Allan Muto den zwischenzeitlichen Ausgleich bejubelt. Foto: noveski.com

Luft raus? Im Abstiegskampf? Bei der letzten Chance, das Debakel abzuwenden? Irgendwas stimmt da doch nicht! „Wenn man gut ins Spiel kommt, kann es ja nicht daran liegen, dass man nicht mehr gallig ist“, entgegnete Meyer. „Aber dann kommen einzelne Rückschläge, die den einen oder anderen Spieler mental vermutlich so sehr runterziehen, dass man das nicht mehr aufgefangen bekommt. Da kann man dann auch von außen nicht mehr gegensteuern.“ In der 72. Minute wechselte sich Meyer selbst ein und musste zunächst mitansehen, wie sein Team nach einer eigenen Ecke (!) ausgekontert wurde. Robert Schick erzielte freistehend nach tollem Solo von Allan Muto das vermeintlich vorentscheidende 3:1 (80.).

Doch dann setzte Meyer zunächst den sehr glücklosen Ron Borgmann in Szene, der die Latte traf (87.), ehe der Spielertrainer für Stjepan Brkic durchsteckte und den Anschluss miteinleitete. Zwar scheiterte Brkic am Pfosten, aber Borgmann staubte – aus ganz stark abseitsverdächtiger Position – ab (88.). Und beinahe wäre „Cello“ auch am 3:3 beteiligt gewesen, wenn Brkic die Kugel nach einer Stafette über Meyer, Luca Winterfeld und Moritz Kühn am zweiten Pfosten nicht ein Luftloch geschlagen hätte (90. +1). Stattdessen machten die eingewechselten Janek Bundt und David Heuer, der mit einem herrlichen Heber finalisierte, den Deckel drauf – 4:2 (90. +3)!

"Hatte das Gefühl, dass drei, vier Spieler eine durchzechte Nacht hinter sich hatten"

Mit dem Pausenpfiff trotzt Arisch Butt (li.) dem Chancenwucher seines HEBC und vollstreckt zur 2:1-Führung. Foto: noveski.com

„Natürlich freut mich das, dass wir das Spiel so ein bisschen von der Bank mitgewonnen haben“, sprach Kocadal auf seine Joker Schick, Bundt und Heuer an. „Das ist immer schön, wenn sich diese Jungs für den Aufwand belohnen. Und vielleicht müssen wir da auch hingehen, dass die Jungs, die in letzter Zeit ein bisschen hintendran waren, mehr Spielzeit bekommen, damit es wieder mehr Konkurrenzkampf gibt.“ Denn der Coach der Eimsbütteler musste auf zahlreiche Stammspieler und Leistungsträger verzichten. Und arrivierte Kräfte wie Johann Buttler betrieben an jenem Vormittag absoluten Chancenwucher.

„Beide Mannschaften haben so viele Torraumszenen, was eigentlich immer dafür spricht, dass irgendwas nicht stimmt. Ich für meinen Teil finde, dass bei uns ganz schön viel Verantwortung abgegeben wurde und mit Ball unfassbar schlechte Entscheidungen getroffen worden sind. Ich hatte auch irgendwie das Gefühl, dass drei, vier Spieler nach einer durchzechten Nacht zum Spiel gekommen sind. So wirkte es zumindest. Diese Power und diese PS, die wir normalerweise haben, konnten wir heute zu keiner Zeit auf den Platz bringen. Und das genau auf den Positionen, wo wir das eigentlich gebraucht hätten. Ich weiß gar nicht, wie viele Torchancen wir hatten. Aber leider haben wir auch viel zugelassen. Was das angeht, bin ich wirklich unzufrieden“, bilanzierte Kocadal. „Die Jungs haben sich auf jeden Fall ein internes Punkteziel für die restlichen Spiele gesteckt. Wenn sie das erreichen wollen, müssen wir uns auf jeden Fall steigern in den nächsten Wochen.“

"Führen 1:0 - und auf einmal hören wir auf"

Stjepan Brkic (li.) kommt zu spät und kann Robert Schick auf dem Weg zum 3:1 nicht mehr stoppen. Foto: noveski.com

Schon der Start ließ nichts Gutes verheißen: „Zwei Innenverteidiger gegen einen Stürmer“, schimpfte Kocadal über die fehlende Zuteilung beim 0:1. Während Schlussmann Nils Ahmann forderte: „Mal hochfahren jetzt!“ Tatsächlich hatte Witalij Wilhelm, der defensiv einige unfassbare Bälle in die Füße des Gegners spielte, auf der linken Seite alle Zeit der Welt zum Flanken und fand in Arnold Lechler einen dankbaren Abnehmer (5.). „Wir kommen gut rein, machen das 1:0 – und auf einmal hören wir auf, lassen viel zu viele Räume zu, werden schlampig im Aufbau und haben viel zu viele Ungenauigkeiten, Unkonzentriertheiten und gar nicht mehr so richtig ins Spiel gefunden“, musste Meyer feststellen.

Nach 17 Jahren: SVCN-Abstieg besiegelt

Referee Florian Schwarze (Mi.) guckt sofort zu seinem Assistenten und vergewissert sich, ehe er das Tor zum 2:3 durch den abstaubenden Ron Borgmann gibt. Foto: noveski.com

Noch viel schlimmer: „Es war nicht mehr zielstrebig nach vorne, gar kein Spirit und kein Aufbäumen!“ Traurig in der Situation, in der sich der SVCN befindet. „Da hat man dann schon gemerkt, dass die letzten Wochen viel Kraft gekostet haben und auch mental die Luft raus ist.“ Und so drehten Muto, nach feinem Chip-Pass von Erciyes Palo (32.), sowie Arisch Butt, der nach einem dieser kapitalen Wilhelm-Fehlpässe ein traumhaftes Zuspiel von Fabian Lemke mit Hilfe des Innenpfostens verwertete (45.), die Partie noch vor der Pause – trotz erheblichem Chancenwucher. Nicht nur deshalb geht es für Curslack in der kommenden Saison nach 17 Jahren durchgehender Oberliga-Zugehörigkeit in der Landesliga weiter…

Autor: Dennis Kormanjos

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