„Eingepflanzter Virus“: HEBC „zerscheppert“ Saseler Herbstmeisterschaft

Großkopf „begeistert“, Zankl bedient: „So kann man kein Oberligaspiel gewinnen!“

28. November 2018, 23:43 Uhr

Ekstase pur! Der HEBC stellt dem nächsten Favoriten ein Bein, feiert den Coup gegen Sasel und vermasselt den „Parkweglern“ die Herbstmeisterschaft. Foto: Kormanjos

Er musste erst tief in sich gehen und brauchte einige Augenblicke, ehe Danny Zankl auf die lapidare Frage, was seinem Team am heutigen Abend gefehlt habe, entgegnete: „Ein paar bessere Spieler auf dem Platz...“ Durch die 1:2-Pleite beim HEBC hat sich der TSV Sasel den inoffiziellen Titel des „Herbstmeisters“ selbst verbockt (alle Highlights im LIVE-Ticker). Lag‘s vielleicht an der Nervosität? „Das ist keine Nervosität, das war Passivität. Wenn wir es nicht begreifen, dass wir mit weniger als 100 Prozent kein Oberligaspiel gewinnen, dann verstehe ich das einfach nicht“, ärgerte sich der Sasel-Dompteur über den Auftritt seiner Jungs.

Ganz anders war natürlich die Stimmungslage beim Oberliga-Aufsteiger, der in dieser Saison schon BU (3:1), Teutonia 05 (4:3) oder auch Niendorf (1:0) das Fürchten lehrte. Der HEBC avanciert zum Favoritenschreck! „Ich kann es auch nicht erklären“, rätselte selbst Coach Jörn Großkopf über die Gründe dafür. „Sasel ist eine ganz spielstarke Mannschaft und Danny Zankl macht hervorragende Arbeit. Sie haben immer einen Plan und viele Systemumstellungen“, lobte er den Gegner – und befand: „Wir haben unheimlich aggressiv Fußball gespielt. Es war auch manchmal am Rande. Aber anders können wir keine Punkte holen. So müssen wir einfach spielen als Aufsteiger.“ Womit man dem Gegner komplett den Schneid abkaufte. „Das ‚Wie’ beschäftigt mich am meisten. Denn wir waren vor dem Spiel gewarnt und auch mental darauf eingestellt. Ich weiß gar nicht, ob meine Jungs überrascht darüber sind, dass ein Spiel so laufen kann. Wir müssen ganz klar mit der Aggressivität und mit der Hektik im Spiel viel besser umgehen“, so Zankl, der es anschließend treffend auf den Punkt brachte: „Gefühlt war ein Virus in unserem Spiel, den teilweise HEBC bei uns eingesetzt hat, den wir aber auch selbst befeuert haben. Wir haben nicht die Anti-körper dagegen gefunden und haben uns immer weiter ins Schlamassel gebracht.“

„Ich wollte sehen, wovon alle immer sprechen - das hat er heute gezeigt“

Daniel Lichy (li.) gab beim 0:1 aus Sasel-Sicht keine glückliche Figur ab. Foto: Kormanjos

Für den Anfang des großen Schlamassels sorgte jedoch Janosch Rinckens, der nach einem Saseler Eckball (!) im direkten Gegenzug die komplette Hintermannschaft düpierte und älter als alt aussehen ließ (24.)! „Ich habe den Ball eigentlich schon tot gesehen“, gestand Großkopf, der aber genau um die Stärken seines endlich zurückgekehrten Torjägers weiß: „Ich habe ihn ja letzte Saison schon ein paar Mal gesehen und man hat mir auch gesagt, dass er Tore macht, die unmöglich sind. Das macht er natürlich überragend! Ich habe ihm vorher auch gesagt, dass ich sehen will, wovon alle immer gesprochen haben – das hat er heute gezeigt!“ Janek Bundt hätte die Führung des Außenseiters, der in einem kompakten 5-3-2-System auftrat, ausbauen können, wenn nicht gar müssen, vergab aber zweimal kläglich (5., 33.). „Wir hätten 2:0 führen müssen. Dann wäre es für Sasel extrem schwer geworden.“ So aber sorgte ein „überragendes Tor“, wie selbst Großkopf meinte, von Tolga Celikten – wurde von einem langen Zankl-Ball in Szene gesetzt – für den Ausgleich (73.). „Davor haben wir gewarnt, dass die rechte Seite mit Celikten unglaublich stark ist. Aber ich glaube, da haben wir fast gar nichts zugelassen, bis auf das Tor – und das macht er technisch überragend“, lobhudelte Großkopf den „Flügelflitzer“ der Gäste.

„In der Oberliga hat die Herbstmeisterschaft keine Bedeutung!“

Wer nun allerdings glaubte, es wäre der Startschuss zur Wende gewesen, der wurde schnell eines Besseren belehrt. Ecke Maximilian Schulz, Kopfball Janek Wrede – 2:1 (86.)! Während Edin Tanovic gar nicht erst ins Kopfballduell ging, konnte auch der auf der Linie stehende Celikten den Einschlag nicht mehr verhindern. „Ich bin begeistert vom heutigen Auftritt“, jubelte Großkopf, der verriet: „Wir haben uns in Sachen Standards ganz viel vorgenommen, auch gestern nochmal trainiert – da wir von der Größe her überlegen waren. Letztlich ist das aufgegangen. Jetzt bin ich einfach nur sehr, sehr, sehr froh über den Dreier!“ Ein Sieg, der den „Parkweglern“ die Herbstmeisterschaft, die nun nach Dassendorf geht, entriss. „Wir können besser spielen. Und wir können auch mit einer schlechten Tagesleistung besser spielen. Aber wir machen einfach zu viele Fehler. Und mir fehlt dann auch die klare Linie und die Struktur im Spiel“, analysierte Zankl die Niederlage, die nicht aufgrund des verpassten Hinrunden-Titels schwer wog: „Es wäre ‚nice to have‘ gewesen. Aber selbst wenn wir die Herbstmeisterschaft geholt hätten: Wir sind nicht mal Erster in der Tabelle. Deshalb wäre es für mich auch keine richtige Herbstmeisterschaft gewesen.“ Und weiter: „Der Spielplan ist so, dass man sich darüber gar nicht hätte freuen können. Das ist natürlich in der Bundesliga viel schöner, wenn man an Weihnachten da oben steht und gegen alle einmal gespielt hat. In der Oberliga hat das leider gar keine Bedeutung. Es hat uns heute auch überhaupt nicht interessiert. Uns ging es darum, dass wir eine gute Chance hatten, uns gut zu positionieren.“

„Dieses Spiel müssen wir nochmal ganz scharf analysieren“

Janosch Rinckens bekommt seinen verdienten Abgang und wird vom in der Schlussphase quirligen Fabian Lemke (li.) ersetzt. Foto: Kormanjos

Stattdessen blieb seine Mannschaft weit hinter den eigenen Erwartungen zurück. Die Frage, ob er auch nur einen Spieler in Normalform gesehen habe, beantwortete Zankl wie folgt: „In der ersten Halbzeit fand ich Gerken gut. Er war präsent, hat ein paar gute Wege gemacht und Bälle geholt – auch wenn ihm die Torgefährlichkeit abhandenkam. Ansonsten muss ich leider sagen: Nein. Und das ist das, was ich eingangs bereits gesagt habe: Wir können in der Oberliga nur Spiele gewinnen, wenn wir 100 Prozent abrufen. Das haben wir als Mannschaft nicht geschafft.“ Um als Triumphator vom Feld zu gehen, „hätten wir mehr Spieler in einer guten Verfassung gebraucht. Auf der anderen Seite weniger Spieler mit einem so hohen Fehlerquotienten.“ Deshalb müsse man diese Partie „noch einmal ganz scharf analysieren, denn das sind Sachen, die dürfen und müssen vor allem nicht passieren“, so Zankl, der anfügte: „Wir dürfen auch nicht überrascht sein, wenn Plan A mal nicht aufgeht. Dann muss eben Plan B oder C besser greifen.“ Allerdings habe man sich „ganz schön sträflich verhalten. Da müssen wir alle – auch die Spieler – selbstkritisch sein.“ Denn: „Man kann 70 Minuten solide sein, aber wenn man dann zehn oder meinetwegen auch 20 Minuten lang nur Fehler produziert und nicht richtig drin ist, dann ist es im Mannschaftssport einfach keine gute Leistung. Fehler könne passieren, aber sie dürfen nicht in der Häufigkeit passieren.“ Abschließend konstatierte er: „Wir zerscheppern uns den Schwung immer selbst.“ 

Autor: Dennis Kormanjos