Oberliga

Aus 1:3 mach 4:3: Kabinenpredigt, Niemann-Geniestreich und ein Doppel-Tor-Debütant sorgen für USC-Ekstase!

25. September 2023, 09:17 Uhr

Moritz Niemann leitete mit seinem Fallrückzieher-Traumtor nach einer guten Stunde die Wende für seine "Tauben" ein. Foto: Hellwig/USC Paloma

Zoran Nestorovic ist eigentlich eher als sehr besonnene Frohnatur bekannt. Im Gastspiel bei Concordia Hamburg musste der Co-Trainer des USC Paloma, der den urlaubenden Chefcoach Marius Nitsch an der Seitenlinie vertrat, in der Halbzeitpause jedoch ein Stück weit aus der Haut fahren. Oder wie „Zorro“ auf Nachfrage selbst gestand: „Entgegen meiner Art musste ich sehr laut werden.“ Der Grund: Der unterirdische Auftritt der „Tauben“ am Bekkamp. „Wir haben in der ersten Halbzeit sehr wenig stattgefunden, hatten kaum Zugriff, waren zu langsam und behäbig“, befand Nestorovic. „Es hat so ein bisschen die Leidenschaft gefehlt, das Zweikampfverhalten war nicht gut und die zweiten Bälle waren so gut wie alle beim Gegner. Hinzu kam der eine oder anderen Stellungsfehler. Das, was wir uns vorgenommen haben, hat leider überhaupt nicht funktioniert“, nahm der „Co“ das Auftreten seines USC auf seine Kappe.

Arbes Tahirsylaj (re.) war an allen drei Cordi-Toren beteiligt, Christian Merkle (li.) dafür mit am entscheidenden Treffer. Foto: Hellwig/USC Paloma

Eine gute Stunde war am Bekkamp vorüber, als Moritz Niemann die Aufholjagd seiner Palomaten einleitete. Aber nicht irgendwie! Der Kapitän sorgte mit einem absoluten Traumtor, einem Treffer der Marke „Tor des Monats“, für den 2:3-Anschlusstreffer der Gäste. Genauer gesagt: Concordias Zisimos Dimakis klärte einen Eckball von Felix Spranger per Kopf nicht weit genug. Der in jenem Moment auf Höhe des Elfmeterpunktes lauernde Niemann machte einige Schritte im Rückwärtsgang, setzte aus 15 Metern – links versetzt im Strafraum – zum Fallrückzieher an und beförderte das Spielgerät in artistischer Manier in den linken Giebel (61.)! Der Innenpfosten war in diesem Fall auch noch Niemanns Freund. Was für ein Kunstschuss!

"Uns haben die Ideen und die Durchschlagskraft gefehlt"

Ein Spiel mit irren Wendungen am Bekkamp. Schlussendlich drehten Yule Amini (Mi.) und seine "Tauben" einen 1:3-Pausenrückstand in einen 4:3-Sieg. Foto: Hellwig/USC Paloma

Zuvor bekamen die Uhlenhorster jedoch kaum ein Bein auf den Platz. „Cordi hat es taktisch wirklich clever gemacht, immer wieder darauf gelauert, dass wir den Außenverteidiger anspielen, uns dann zugepresst – und mit deren Stärke, den schnellen Spielern vorne, auf Umschaltmomente gesetzt“, konstatierte USC-Innenverteidiger Colin Blumauer. „Uns haben in der ersten Halbzeit die Ideen und die Durchschlagskraft gefehlt. Wir kamen nicht so gut ins letzte Drittel, hatten unnötige Ballverluste und sind dadurch immer wieder ins Umschaltspiel von Cordi reingelaufen.“ Dementsprechend sei die 3:1-Führung für die Runge-Rackerer auch nicht unverdient gewesen, gab Blumauer unumwunden zu.

Kabinenpredigt und Joker sorgen für die Wende

Muhamed Ajruli überzeugte als Doppeltorschütze für Cordi. Dennoch reichte es am Ende nicht für etwas Zählbares. Foto: Hellwig/USC Paloma

Arbes Tahirsylaj (9.) brachte die Hausherren in Front und bereitete die beiden Treffer von Muhamed Ajruli (17., 33.) mustergültig vor, vergab aber auch weitere gute Möglichkeiten zur vermeintlichen Vorentscheidung. Den zwischenzeitlichen Ausgleich für die Gäste besorgte Soleiman Kazizada (11.). Es folgte die Kabinenpredigt von Nestorovic – und ein daraufhin ganz anderer Auftritt der „Tauben“ im zweiten Abschnitt. „Wir haben gewechselt und ein bisschen was umgestellt. Dann waren wir viel besser im Spiel, hatten viel mehr Leidenschaft und ein deutlich besseres Zweikampfverhalten“, so der „Co“, der an jenem Vormittag zum „Chef“ avancierte.

„Das war ein ganz anderes Gesicht von unserer Seite. Wir haben sehr dominant und mit viel Ballbesitz gespielt“, konstatierte auch Blumauer. Und Nestorovic bewies zudem ein goldenes Händchen. Der zur zweiten Halbzeit eingewechselte Spranger war mit seiner Ecke am Anschluss-Traumtor von Niemann beteiligt, ehe es in Minute 81 zum großen Auftritt von Luca Albrecht kam. Der Stoßstürmer ersetzte Mohamed Giresse Fané und staubte keine sechs Zeigerumdrehungen später zum 3:3 ab (87.)! Cordi schwamm nun und verteidigte zum Teil äußerst haarsträubend.

Mit der letzten Aktion: Albrecht sorgt für Paloma-Ekstase

Mohamed Giresse Fané (li.) - hier von Farukhan Bulut angelaufen - musste dem späteren Matchwinner Luca Albrecht weichen. Foto: Hellwig/USC Paloma

Bitter für die „Bekkampler“: Kurz vor Ultimo verletzte sich Keeper Jan Hoffelner beim Aufkommen am Knöchel und musste raus. Der daraus resultierende Eckball brach Cordi mit der letzten Aktion des Spiels endgültig das Genick. Blumauer kam zunächst noch mit dem Kopf hin und dann behielt Christian Merkle in einer Eins gegen Fünf-Situation (!) die Oberhand. Doch Maximilian Addai konnte die Kugel entscheidend aus der Gefahrenzone befördern, klärte den Ball aber nur halbgar und unzureichend. Ausgerechnet Albrecht stand mal wieder goldrichtig und schweißte aus dem Rückraum per Linksschuss ins rechte untere Toreck ein (90. +3)! Die ersten beiden Oberliga-Buden des Sommer-Neuzugangs – und was für immens wichtige!

„Wenn man beide Halbzeiten nimmt, hätten sich beide Teams auch nicht über ein Unentschieden beklagen können. Wir sind heute mal der glückliche Sieger gewesen“, bilanzierte Blumauer. In eine ähnliche Kerbe sprang Nestorovic: „Das war ein schweres Stück Arbeit. Nachher ist es vielleicht glücklich, dass wir mit dem Schlusspfiff noch das 4:3 machen. Aber im Großen und Ganzen haben wir uns das erarbeitet.“

Autor: Dennis Kormanjos